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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Kisa, Anton Carel: Römerfunde am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0124

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Römerfunde am Rhein.
Von Dr. Kisa (Aachen).

Die neuesten Römeriunde am Rhein
bilden Kannen aus weissem oder rotem Thon, in
der Höhe zwischen 18 bis 40 cm variierend. In
der Grundform sind sie den bekannten eiförmigen,
nach unten verjüngten Typen verwandt, unter-
scheiden sich von diesen jedoch dadurch, dass an
die Stelle des Halses ein bügelförmiger Henkel
tritt, neben welchem ein kurzes Einguss- und ein
Ablaufrohr schräg emporragen. Die Verzierung


Abbildg. a.
wird durch Ranken gebildet, wie bei den gallischen
Trinkbechern, durch Weintrauben, Rosetten und
Blumenmuster in Aufgusstechnik (Barbotine). Das
erste Stück dieser Art, das ich kennen lernte, ist
vor etwa einem Jahre mit einer grösseren Privat-
sammlung als Geschenk in das Suermondt-Museum

zu Aachen gekommen. Es war als römisch in
Köln erworben worden und konnte wegen der
Uebereinstimmung seines Barbotineschmuckes mit
dem auf unzweifelhaft echten Stücken selbst Kenner
irre führen (vgl. Abbildg. a). Bald darauf fand
ich bei einigen Kölner Händlern gleiche und ähn-
liche Exemplare, welche überdies noch äusserlich
allerlei Merkmale von römischen Grabfunden trugen,
wie Spuren von Leichenbrand, Sandkrusten, Ver-
letzungen durch den Spaten u. dgl. Als Fundort
wurde von den einen Köln, von den anderen,
weniger bestimmt, der Niederrhein, von den dritten
gar die Wesergegend angegeben. Ein glücklicher
Zufall brachte die gewünschte Aufklärung. Bei den
Besitzern einer hiesigen Weinfirma, welche viel
aus Spanien importiert, fand ich eine Reihe der-
artiger Krüge und erfuhr, dass der Reisende der
Firma sie in Barcelona auf dem Markte von bäu-
rischen Töpfern erstanden habe. Sie dienen in
Katalonien und auch in Südfrankreich den Feld-
arbeitern als Trinkgefäss und Wasserbehälter. Der
Trinkende hebt den Krug hoch über seinen Kopf
und lässt aus der kurzen saugerartigen Dille den
Wasserstrahl im Bogen sich in den Mund laufen.
Der leichtgebrannte, unglasierte Thon lässt das
Wasser verdunsten und erhält es so ziemlich lange
kühl, wie alle südländischen Völker wissen und
auch Griechen und Römer wussten. In der Bauern-
industrie des südlichen Italiens, Frankreichs und
Spaniens haben sich ja, wie im Oriente, namentlich
in der Töpferei, viele antike Traditionen erhalten.
So ist auch die Verwandtschaft der katalonischen
Wasserkrüge mit den römischen nicht weiter auf-
fallend. Der Profit, den gewisse Händler aus dieser
Verwandtschaft ziehen, ist verhältnismässig nicht
unbedeutend. Während die Krüge in der Heimat
für wenige Groschen zu haben sind oder für einen
Becher Wein eingehandelt werden, ergeben sie in
römischer „Aufmachung“ Preise zwischen 40 bis
150 Mk. Äusser Privatsammlern, die ja auf neu
entdeckte Typen besonders erpicht sind, sollen
auch schon einzelne Museen mit der neuen Spezies
beglückt sein.
 
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