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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Landau, Paul: Emile Zola und die französische Kunstkritik
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0339

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269

artiste“, von dem ruhigen, feinschmeckerischen
Schauen, dem nicht der Maler zurücktrat hinter der
farbigen Welt seiner Bilder, sondern dem Maler
und Bild eins waren, der wirken wollte und ver-
teidigen, anklagen und richten. Und er hat wie
einst Diderot eine glänzende Form für seine
Fehdebriefe gefunden. Diese Blätter sind neben
ihrer historischen Bedeutung in der Geschichte
des Impressionismus, neben ihrer sachlichen
Wichtigkeit als eine vorzügliche Würdigung von
Manets Kunst auch zugleich Meisterstücke der
polemischen Literatur, die an Lessings antiquarische
Briefe, noch mehr in der beweglichen, immer
wechselnden Lebendigkeit an Paul Louis Courier
erinnern. Zuerst noch etwas schüchtern und zag-
haft, steigern sie sich in scharfen logischen, heroisch
gezogenen Folgerungen, in ungestümen Fragen, in
triumphierenden Ausrufen, werden zur Apotheose
eines kühnen feurigen Temperamentes, das seinen
Schöpfungswinkel zu einem reinen Kunstwerk ge-
staltet. Persönlichstes eigenes Erleben und scharfe
Beobachtung haben diese Kritiken geschaffen und

belebt. Wie Diderot hat Zola seine Kennerschaft
nicht aus Büchern gelernt oder aus den Regeln
der Aesthetik sich abgezogen, im Atelier der
Maler hat er Kunstgeschichte studiert, und was
er im Leben gesehen, kühn wieder ins Leben
getragen.
Diderot und Zola! Ein Jahrhundert französischer
Kunstkritik umspannen diese beiden Namen und
sie schliessen sich selbst aneinander durch die
Gleichheit einer bei aller Lebendigkeit schweren,
wuchtigen und ernsten, nicht allzu romanischen
Persönlichkeit. Und ihnen könnte ein dritter an-
gereiht werden, der auf den Schultern Zolas
steht und über ihn hinaus die französische Kunst-
kritik ruhmvoll weiter geführt hat, dessen „Salons“
zwar nicht die historische Bedeutung Zolas, dafür
eine tiefsinnigere und gelehrte Einsicht und auch
einen stolzen, schönheitsvollen Menschen zeigen.
Es ist Joris-Karl Huysmans, der wohl würdig wäre,
in einem andern Bande dieser Sammlung historisch
fortführend, psychologisch ergänzend, uns nun
deutsch geschenkt zu werden.
 
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