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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Berolzheimer, Michael: Die Flussgötter auf dem Capitol
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0378

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307

Stellung des Nils und des Tigris auf römi-
schem Boden notwendig befremden müsse. Im
Gegenteil: Beide Flussgötter halten Füllhörner
in den Armen; da liegt nun nichts näher, als diese
die Fruchtbarkeit versinnbildlichenden Attribute
dahin zu deuten, dass sowohl das fruchtbare
Afrika (Nil), wie das fruchtbare Asien (Tigris)
von den Römern unterworfen sei.
Hingegen wird es schwerlich zu rechtfertigen
sein, dem Gott des im Altertum wohl durch frucht-
bares Land fliessenden, aber es doch nicht un-
mittelbar befruchtenden Tibers ein Attribut
der Fruchtbarkeit in den Arm zu geben; auch die
Tiber-Schiffahrt wirkte doch wohl nur im
übertragenen Sinn befruchtend auf Rom, im
Gegensatz zur unmittelbaren Fruchtbarkeit des
Nils und Tigris. (Der auf der Basis Casali — Museo
Clementino Kat. No 44, Helbig a. a. 0. No. 162 —
dreimal dargestellte Tibergott hält in der Tat nicht
ein Füllhorn, sondern ein Schilfrohr.)
3. Vollends die Folgerung Helbigs aus den
Körperformen und dem vollen Haar des
Tieres ist ganz und gar irrig:
a. Der Körper zeigt die Formen einer

Katz en art, nicht aber — wie ein Vergleich mit
den auf dem Capitol, also in nächster Nähe, befind-
lichen, lebendigen Wölfen zeigt — die eines Wolfes.
b. Derselbe Vergleich zeigt auch, dass das
volle Haar, besonders direkt unterhalb des
Halses, nicht das eines Wolfes, sondern das
einer wilden Katzenart ist.
c. Hiezu kommt aber noch folgendes Merkmal:
Zwischen den — hinzugefügten — Zwillingen be-
findet sich die Tatze des Tieres. Dass sie antik
sei, wird meines Wissens nicht bestritten; insbe-
sondere erwähnt Helbig sie nicht unter den er-
gänzten Teilen. Jedem, der sie aufmerksam be-
trachtet, leuchtet es nun sofort ein, dass sie die
einer Katz en art ist. Diese Tatze hat der
Restaurator entweder übersehen oder (die Politur?)
ungenügend „bearbeitet“; sie ist eine Tigertatze
geblieben. Die Annahme, die Tatze sei hinzu-
gefügt worden, ist übrigens schon aus dem Grund
unhaltbar, weil der Restaurator einem Wolf doch
wohl keine Tigertatze gegeben hat.
Es ergibt sich sohin, dass dieser Flussgott vor
der Restauration nicht den Tiber, sondern den
Tigris darstellte.
 
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