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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Nr. 5
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Koch, Günther: Die Galerie Alfred Thieme
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Koch, Günther: Das Leben der hl. Agnes: Fresken-Cyklus in S. Teodoro zu Pavia
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0277

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— 172 —

verwandten Gemälden der meisten gefeierten Blumen-
malern vorzuziehen sind.“ Unter den Meistern
des Stilllebens möchte Bode Willem Kalf allen
anderen vorziehen. „Kalf ist zwar nicht als Schüler
Rembrandts bezeugt, vielleicht hat er ihm nicht
einmal nahe gestanden: aber wie Nicolaes Maes,
Pieter de Hooch und Jan Vermeer im Sittenbilde,
wie Philips de Koninck als Landschafter, so hat
Kalf im Stillleben die Rembrandts Werken zu Grunde
liegende Kunstanschauung mit mehr Verständnis
und zugleich eigenartiger anzuwenden gewusst, als
ijast alle seine eigentlichen Schüler. Das „Früh-
stück“ der Thiemeschen Sammlung, in dem ein
silbergefasster Nutilusbecher den Mittelpunkt der
Licht- und Farbenentwicklung bildet, zeigt ein
Flimmern und Schillern der Farbe, ein Spiel des
Lichtes und ein Funkeln der Stoffe, das über die
Stillleben auf Rembrandts Bildern noch hinausgeht;
sind sie doch hier um ihrer selbst willen gemalt,
während sie in Rembrandts Bildern untergcordnet, da
sie nur zur Steigerung der Wirkung des Hauptgegen-
standes beitragen sollen. Rembrandts Innenräume
haben dem jungen Künstler offenbar vorgeschwebt bei
einer anderen Gattung seiner Stillleben : bei den mit
.weiser Rücksicht in ganz kleinem Massstabe gehalt-
enen Innenansichten von Küchen- und Stallräumen
mit einzelnen polierten Gefässen, Gemüse, blutigem
Fleische und ähnlichen farbigen Gegenständen, die
auf dem dunklen Grunde und bei dem scharf ein-
fallenden Lichte gleichfalls eine ausserordentlich
malerische, feine Wirkung zeigen. Auch von dieser
Art seiner Stillleben besitzt Herr Thieme ein

tüchtiges Bild (Katalog No. 49). Aehnliche Küchen
und Winkel mit malerischem Geräte haben, zum
Teilschon vor Kalf, verschiedene andere holländische
Künstler gemalt; besonders häufig Egbert van
der Poel in einem einfarbigen, warmen, braunen
Tone, wie wir ihn in ähnlichen Bildern des Adriaen
van Ostade finden. Das Thiemesche Bild (Katalog
No. 63) ist ein charakteristisches Beispiel, jedoch
ist das Stillleben hier im Freien mit einem Aus-
blicke in die landschaftliche Ferne angebracht.“

Zum Schlusse sei noch der Bilder der drei
vlämischen Meister der Thieme’schen Samm-
lung gedacht. Die beiden Bilder von Adriaen
Brouwer, der nach seiner Ausbildung halb der
holländischen Schule angehört, sind schon erwähnt
worden. Von Gonzales Coques besitzt Herr
Thieme ein „junges Ehepaar in einem reich aus-
gestatteten Zimmer“, ein Bild, das in Vornehmheit
der Auffassung und Anordnung seinem grossen
Meister A. van Dyck nahekommt. Von David
Teniers befinden sich in der Galerie drei Gemälde :
eine „Kneipe mit rauchenden Bauern‘, ein charak-
teristisches Stück aus der mittleren Zeit des Künst-
lers, ein „Quacksalber in seiner Werkstatt“, durch
die zahllosen Töpfe mit Mittelchen aller Art, die
Instrumente und anderes Beiwerk, das den Wunder-
doktor umgiebt, ein malerisches Durcheinander von
einem ganz besonderen Reize, schliesslich ein
„Wirtshaus unter einer Linde, nahe der Strasse“,
nach Färbung und Behandlung der Blütezeit des
Künstlers, den vierziger Jahren angehörend, in denen
auch der „Quacksalber“ entstanden ist.







Das Leben der hl. Agnes.

Fresken-Cyklus in S. Teodoro zu FPavia.

Das Querschiff der kleinen Kirche S. Teodoro zu Pavia ist mit Malereien aus dem Anfange
des XVI. Jahrhunderts geschmückt, die bisher merkwürdigerweise wenig beachtet, vielmehr quasi in
Bausch und Bogen dem Kreise des Bernardino Fasolo zugewiesen wurden (Crowe und Cavalcaselle).

Herr Dr. Wilhelm Suida hat diese Malereien jetzt erstmalig eingehend
es sich hier um Arbeiten zweier total verschiedener Künstler handelt.
S. Teodoro gehört einem Meister der Schule von Pavia an, während wir es ın

aus der Legende des

studiert und festgestellt, dass
Der Cyklus von Darstellungen

den Bildern aus der Legende der hl. Agnes mit dem grössten Freskencyklus zu tun haben, der uns

von Bramantinos Hand erhalten ist.
Arbeit über diese glückliche Entdeckung ein;

Herr Dr. Suida sandte mir bereits Mitte April eine ausführliche
das Ausbleiben der avisierten Photographien hat mich

indessen gezwungen, diesen so eminent wichtigen Aufsatz zurückzustellen; er wird an der Spitze des

nächsten Heites veröffentlicht werden.

Günther Koch.
 
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