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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Nr. 8
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Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 12, Zu Martin Ryckaert
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0416

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Bilder von seltenen Meistern.

Von Dr. Theodor v. Frimmel.

XII.

Zu Martin Ryckaert. Der Name, der diesmal
Anlass zu neuen Mitteilungen gibt, erinnert die
meisten Kunstireunde alsbald an Van-Dycks Ikono-
graphie und an ein gemaltes Stück von der Hand
des Van-Dyck, das man — irgendwo gesehen hat.
War es in Dresden, in Madrid, oder zu Wien ın
der Lichtensteingalerie, oder in Köln bei Oppen-
heim, war es in Metz, in Hannover? An all
diesen Orten, falls sie unser Kunstifreund besuchen
will, wird er an Martin Ryckaert Bildnis von
der Hand seines berühmten Zeitgenossen erinnert.
Was ist es mit diesen Bildern? Welches davon
ist das Original? Diese Fragen sind bei einigem
Nachsuchen ın ziemlich befriedigenderweise zu
beantworten, und Woermann hat dazu in seinem
Katalog der Dresdener Galerie die wichtigsten Bau-
steine geliefert‘). Nach Woermanns Erörterungen
muss man beim Bildnis der Dresdener Galerie, das
lange Zeit als Porträt des M. Ryckaert gegolten
hat, von dieser Benennung des Dargestellten ab-
stehen. Das Van Dyck’sche Ryckaertbildnis hängt
in der Madrider Galerie. Dieses ist denn auch
sonst mehrmals von der Litteratur berührt worden,
wobei freilich. zu bemerken ist, dass der Madrider
Katalog und wohl nach diesem ein Aufsatz im
„Archivio storico del’ arte“ (IV. S. 323) den Dar-
gestellten als David Ryckaert ansprechen. Auch
„The Portfolio“ von 1900 (S. 30) hält sich an den
Madrider Katalog. Ich stelle sofort fest, dass un-
zweifelhaft nicht David, sondern Martin Ryckaert
auf dem Bilde in Madrid porträtiert ist; es ist der-
selbe Martin Ryckaert, der Landschaitsmaler, der
durch den Mangel eines Armes (es war der linke)
ebenso auf dem Abbilde, wie in den Quellen
charakterisiert ist. Zudem ist die Uebereinstimmung
des Gemäldes mit dem Stiche von Jacobus Netis
in Van Dycks Ikonographie (Wibiral No. 113) eine
so auffallende, dass hier Bedenken überllüssig sind?).

Das Bild der Galerie Liechtenstein in Wien ist,
wie es scheint, eine gute alte Kopie, vielleicht eine
Atelierwiederholung nach dem Madrider Exemplar.
Es kommt schon 1767 im Fanti'schen Katalog der
genannten Galerie (als No. 380) und 1780 im fran-

1) Vergl. die jüngsten Ausgaben dieses Katalogs von 1896, 1899 und
1901 bei No. 1035.

2) Die Inschrift auf dem erwähnten Stiche nennt ausdrücklich den
„Martinus Rychart“, der als „unimanus, pictor ruralium prospectuum
Antwerpiae“ bezeichnet wird. Die Liggeren (I. 476) führen ihn 1611 unter
den Meistersöhnen an mit folgenden Worten: „Merten Ryckaert scilder
met eenen erm“,

zösischen Verzeichnis (als No. 669) vor, mit An-
gabe der Abmessungen und, ein kleines Miss-
verständnis bei Fanti abgerechnet, so gut charakteri-
siert, dass diese Nachweise kaum anzulfechten sein
werden. Danach muss es ein weiteres, davon ver-
schiedenes Exemplar gewesen sein, das 1788 in
Brüssel bei der Vente Horion vorgekommen ist.
(Vergl. Burtin „Catalogue de tableaux, vendus ä
Bruxelles depuis Pannee 1773“, S. 7 und 92). Ein
altes Exemplar, wohl die erste Ausführung, fand
sich in Ryckaerts Nachlass, wie Van den Branden
mitteilt.

Das Bild in Metz, mir nicht genau bekannt,
wäre nach Cle&ment de Ris („Les musd&es de pro-
vince“ 2. Auflage S. 259) eine Kopie nach dem
Stiche in Van Dycks Ikonographie. Eine weitere
Kopie wird in Eisenmanns Katalog der Galerie zu
Hannover (S. 103) verzeichnet. Vor Jahren sah
ich in der Sammlung Oppenheim zu Köln eine
Grisaille, die vielleicht die vorbereitende Arbeit
für den Martin Ryckaert der Van Dyck’schen Ikono-
graphie ist, oder, wie andere Exemplare, erst nach
dem Stiche gemalt wurde. Ich scheue mich, auf
Grundlage einer alten Notiz ein bestimmtes Urteil
abzugeben. Ueber die Persönlichkeit des Dar-
gestellten gibt es allerdings keinen Zweifel.

Der Künstler selbst, Martin Ryckaert‘!) wird
in der Litteratur wenig genannt, viel weniger als
David Ryckaert IIl., der sein Neffe war und dessen
emsiger Pinsel ihn vielleicht bekannter gemacht
hat, als seinen, wie es scheint, etwas unfruchtbaren
Oheim. Von Martin Ryckaert sind nur wenige
Bilder erhalten, vermutlich deshalb, weil er ver-
hältnismässig wenige geschaffen hat, möglicher-
weise auch aus anderen Gründen. Sie mögen

in Masse zu grunde gegangen sein, oder es sind

noch viele vorhanden, aber nicht unter seinem
Namen. Eine unleugbare Stilverwandtschaft ver-
bindet ja seine Bilder mit denen eines Paul Bril

und Wilhelm van Nieulandt, und da mag wohl hie

1) Ueber Martin Ryckaert sind die wertvollsten Nachrichten zu
finden in den beiden Werken über die Antwerpener Malerschule von
Rooses und Van den Branden, sowie in den Liggeren. Die Künsterlexika
bieten in diesem Falle nicht viel mehr, als man bei Descamps nachlesen
kann. Beachtenswert sind die Angaben in Woermanns Geschichte der
Malerei II, 516. Bei C. de Bie im gulden Cabinet (1661) stehen einige
Verse über einen Landschaftsmaler Ryckaert, dem im Register der Vor-
name David (der alte) gegeben wird. Man kann annehmen, dass es sich
dabei um eine Verwechslung mit Maerten R. handelt. Auch Rooses be-
zieht die Verse auf Martin Ryckaert. — Martin R. ist 1587 geboren, 1631
gestorben. Er sei Schüler des Tobias Verhaeght gewesen und hat eine
Studienzeit in Italien durchgemacht. .
 
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