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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Nr. 7
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Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 11, Einige Architekturmaler des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0366

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— 247 —

Bilder von seltenen Meistern,

Von Dr. Theodor v. Frimmel.

XI.

Einige Architekturmaler des 18. Jahrhunderts.

a) Zu Leopold Peucker. !n der wenig
gekannten, in manchen Stücken aber beachtens-
werten Sammlung des Herrn kaiserlichen Rates,
Ingenieur Richard Jahn zu Prag befinden sich
drei grosse Architekturbilder aus dem 18. Jahr-
hundert, die künstlerisch bedeutend sind. Sie
wurden in der alt-Prager Familie Jahn vererbt,
ohne dass sich die Erinnerung an den Urheber
dieser Gemälde mit erhalten hätte. Man weiss
heute keinen Namen dafür. L. Kohl wurde einmal
so ungefähr genannt. Aber gerade die Sammlung
Jahn besitzt ein signiertes Werk von Kohl, das
für die drei fraglichen Bilder diesen Namen als
unpassend erscheinen lässt. Vor einigen Jahren,
als ich die Bilder zum erstenmal sah, dachte ich
an Norbert Grund. Wir hören noch, warum, und

auch, warum diese Benennung ebenfalls ausge-

schlossen wurde, wenigstens für die Architekturen
selbst. Die erfundenen Prachtbauten und Ruinen,
die auf den drei Bildern dargestellt sind, tragen
im wesentlichen den Charakter üppiger, spät-
römischer Architektur, der man aber stark die
theatralische Auffassung des 18. Jahrhunderts an-
merkt. Die Figürchen auf einem der Bilder,
nach meiner Erinnerung ist es dasjenige, das ver-
hältnismässig am weichsten behandelt ist, sind nach
meiner Ueberzeugung unzweifelhaft von Norbert
Grund, dessen feingetönte Bildchen in Süddeutsch-
land nicht selten vorkommen.!‘) Ich meinte danach,
dass wohl auch die Architekturen von Grund gemalt
seien. Hat dieser fruchtbare Meister doch gelegent-
lich auf seinen Täfelchen antike Baureste ange-
bracht, die allerdings stets viel duftiger, verschwom-
mener behandelt sind, als die Baudarstellungen auf
den Bildern bei Richard Jahn. Angenommen, dass
die Figürchen wirklich von Norbert Grund her-
rühren, düriten also die Architekturen dieser
Bilder von einem Maler stammen, der ein Zeit-
genosse Grunds in Prag war. Die Grund’schen
Figürchen und der Zusammenhang mit der alt-
Prager Familie bringen mich auf folgende begründete
Vermutungen. Sie haben sich bei einer anhalten-

1) Die meisten Werke des Grund befinden sich im Rudolfinum zu
Prag. Einige sind verteilt in den Prager Sammlungen J. V. Novak,
G. Ritt. v. Hoschek, Jahn und in anderen In Wien finden sich Grund’sche
Bildchen beim Grafen Lanckoronsky, bei Herrn von Rho-Hofmannsthal,
in Graz bei Baron Störck. Letztere Bildchen stammen aus der alten
Wiener Sammlung Störck (vergl. hiezu Frimmel : Geschichte der Wiener
Gemäldesammlungen III. Kapitel S. 188 f. und Repertorium f. Kunst-

wissenschaft XV. S. 47 und XIX. S. 237). Zwei Grund’sche Bildchen auch
in Sommerau in der gräfl. Brunsvick’schen Sammlung.

den Suche nach Grund’schen Gemälden und deren
Nachbildungen ergeben. Wer nach Werken des
Grund sucht, thut wohl Joh. Balzer’sche Stiche
durchzusehen, so viele, als er nur aufzutreiben
vermag. Danach richtete ich mich. Zunächst
fand ich in den öffentlichen Sammlungen keinerlei
Nachbildung : nach Grund’schen Bildern, die eine
so bestimmt feste, nahezu hart gezeichnete saubere
Linien-Perspektive aufgewiesen hätten, wie die drei
Bilder der Sammlung Jahn, deren Autor gesucht
wird. Auch die Balzerforschung blieb anfangs
erfolglos. Da bekam ich in der kleinen Sammlung
des bekannten Wiener Musikschriftstellers Emerich
Kastner eine Reihe von Stichen zu Gesicht, die
mich sofort an die Architekturen bei Jahn erinnerten.
Ich vermutete alsbald einen Zusammenhang der
Stiche mit den Baugemälden in Prag und las
begierig die Unterschriften der Stiche. Richtig stand
als Stecher Joh. Balzer verzeichnet. Der Erfinder
der gestochenen Architekturen war aber nicht
N. Grund, sondern auf den meisten dieser Blätter
ist Leopold Peucker als Urheber genannt. Die
Blätter der Kastner’schen Sammlung, es sind deren
zwölf, scheinen sehr selten zu sein. Ich finde sie
nur im Jul. Meyer’schen Künstlerlexikon angedeutet.
Sie stellen in überaus sorgsam behandelter Linien-
perspektive erfundene, meist überreiche Bauten dar
und scheinen als Prospekte für Theater gedacht.
Der Künstler suchte offenbar stilistische Abwechs-
lung in seine üppigen Erfindungen zu bringen.
Mehrere Blätter lehnen sich in den Bauten an die
Formen reifster Spätrenaissance an; die riesige
Bogenarchitektur römischer Thermen klingt hie und
da an; einmal versucht sich der Mann auch in er-
fundener, sonderbarer Gothik. Die Kostüme der
etwas schwach gezeichneten Figürchen deuten un-
gefähr auf die Zeit um 1790, und eine genauere
Datierung erhalten wir durch eine Inschrift auf dem
dritten Blatte der Folge rechts auf einem Gurt-
gesimse. Sie lautet: „Peucker del 1793“.
den meisten Blättern steht links im Unterrande
nahe dem Stichfelde: „Gezeichnet und invent(irt)
von Leopold Peucker“ und rechts: „gestochen von
Johann Balzer“. Ein einziges Mal kommt der Name
Pira vor. Auf dem 12. Blatt der Reihe heisst es:
„Reducirt nach Pira von Leopold Peucker“. In den
Blättern der Sammlung Kastner hätten wir also eine
Reihe Balzer’scher Arbeiten vor uns. Joh. Balzer

D*

Auf .
 
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