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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Krauss, Ingo: Das Dantebild vom Beginn des Quattrocento bis Raphael
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0477

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Das Dantebild vom Beginn des Quattrocento bis Raphael.

Von Dr. Ingo Krauss.

Antonio Billi') und ihm folgend der Anonimo?
und Vasari®) berichten, dass Don Lorenzo Monaco
(1370—1425?) in der Ardinghelli-Kapelle zu Santa
Trinita in Florenz Dante neben Petrarca gemalt
habe. Vasari jedoch fügt schon hinzu: „opera
che pilı non si vede“. Karl Frey behauptet, diese
Fresken seien wieder aufgedeckt worden. Trotz
allen Suchens war es mir nicht möglich, eine Be-
stätigung hierfür zu finden.*)

Erhalten dagegen ist als ein frühes Danteportrait
im Quattrocento das des Andrea del Castagno (1390 bis
1475). (Taft.99.) Das Fresko schmückte ursprünglich
eine Wand der Villa des Pandolio Pandolfini zu
Legnaia. Der Künstler hatte dort 9 Einzelfiguren
gemalt, Dichter und Helden Italiens und 3 Frauen
aus dem Altertum. Jetzt befinden sich die los-
gelösten Bilder in Santa Apollonia zu Florenz.
Dante ist in voller Figur dargestellt; den Kopf
wendet er zur Seite, so dass er Dreiviertelprofil
zeigt. Der Typus ist der des älteren Mannes. Der
Ausdruck ist ernst und würdig, das Portraithafte
erscheint aber etwas verwischt. Auf welche Quelle
dieses Bild zurückgeht, lässt sich nicht feststellen.
Fast möchte es scheinen, als ob der Künstler das
Portrait aus seiner Phantasie heraus frei geschaffen
hat, indem er die überlieferten Charakteristika ver-
wandte. Ueberdies ist es nach der Photographie?)
zu schliessen, modern übermalt.

In der Seitenkapelle von S. Francesco in
Montefalco bei Foligno hat Benozzo Gozzoli (1420
bis 1497) den Alighieri gemalt. Das Brustbild be-
findet sich in einem Tondo in der Mitte zwischen
den Bildern Giottos und Petrarcas. Unterschrieben
ist es: „Teologus Dantes nullius dogmatis expers“.
Der jugendliche en face-Kopf ist ohne jegliche
Portraitähnlichkeit. Vermutlich war dieselbe niemals
beabsichtigt. Nach Ferrazzi®) zwar wurde das Ge-
mälde durch die Zeit und vor allem durch die
Restaurationen, die letzte erst 1858, verunstaltet
und des ursprünglichen Charakters beraubt. Als
Portrait Dantes kann es nicht in Betracht kommen.

Eine besondere Bedeutung legt F. X. Kraus’)
einer Federzeichnung des codex Palatinus 320 der
Florentiner Nationalbibliothek bei. Er bezeichnet
dieselbe als das wertvollste Dokument für Dantes

!) Frey. Bille p. 18.

2) Frey. Magl. p. 93.

3) Vas. (Mil). Il. p.: 19.

° *%) H. Thode teilte mir persönlich mit, dass die Fresken nicht er-

halten sind. Nur diejenigen der Capella Salimbeni kamen zum Vorschein.

5) Alinari. 3804.

6) Ferrazzi. Manuale Dantosco. Ritratto.

7) Dantes Leben. F. X. Kraus. p. 177f.

körperliche Erscheinung; sie sei viel individueller
als das idealisierte Bargellofresko. Da Milanesi
und Bartoli die Handschrift ins Quattrocento setzen,
so möchte er nicht widersprechen. Das Bild sei
dann eine Kopie, vielleicht nach einem Original
Giottos, dessen Zeit es auch der Technik nach
angehöre. Schon C. von Fabriczi hat diese Be-
hauptung angegriffen!). Mit Recht verweist er das
Blatt aus stilistischen Gründen in das XV. Jahr-
hundert. Jedoch auch er misst ihm eine allzu grosse
Wichtigkeit bei. Wenn er von dem „unerbittlichen
Realismus des Quattrocento“ und der „genialen,
vom Nerv der Persönlichkeit durchzitterten Linien-
führung“ spricht, so sind das mindestens Hyperbeln.
Die Zeichnung weist grobe Zeichenfehler auf. Die
Brust ist zu stark gewölbt, wie eine weibliche
Büste. Das Untergesicht ist zu lang, der Hinter-
kopf dagegen im Verhältnis zu klein. Auch die
Portraitähnlichkeit ist nicht hervorragend gross.
Die Ueberschrift: „Dantes Alligherius Florentinus“
verkündet ja, wer es sein soll. Der Typus ist der
des jugendlichen Dichters, obgleich das Bild nicht
auf das Bargellofresko zurückzugehen scheint. Viel-
leicht bezieht es sich auf eine Skizze aus dem
Trecento. In der vorliegenden Fassung ist es das
Werk eines Dilettanten oder ziemlich stümperhalften
Miniators aus dem Quattrocento. Daher ist sein
Wert für die Forschung kaum nennenswert.

Desto wichtiger ist die Bronzebüste im Museo
Nazionale zu Neapel?). (Taf. 100.) Das Portrait des
alternden Dichters ist hier mit so bewusster Charakte-
ristik wiedergegeben, dass man annehmen muss, der
unbekannte Künstler, der aber Florentiner war,
habe eine authentische Vorlage gehabt. Es ist
wahrscheinlich, dass Taddeo Gaddis Bild in Santa
Croce diese Quelle war. Der Bildhauer konnte
mit Leichtigkeit nach einem Profilportrait, als welches
wir uns Taddeos Werk wohl auch denken müssen,
den vollen Kopf gestalten. Ein prachtvolles Werk
hat er uns hinterlassen. Mit energischen Linien
ist der Kontur bestimmt. Dieses eherne Antlitz
bringt in unvergleichlicher Weise die Persönlichkeit
des Dichters zum Ausdruck. Er muss ein grosser
Künstler gewesen sein, der diese Büste schuf, es
ist daher nicht so undenkbar, dass er den Namen
Donatello trug, was F. X. Kraus so weit zurück-
weist. Vergleicht man z. B. die Dantebüste mit der des
Lodovico III. Gonzaga im Berliner Museum (Taf. 101),

1) Zeitschr. f. bild. Kunst.
Dantelitteratur.

2) Alinari.



X. 1899. p. 115ff. C. v. Fab. Neue

11304.
 
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