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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Nr. 5
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Seydlitz, Reinhard von: Eine Monographie
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Kunstgeschichtliche Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0280

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— 175 —

er uns das Motto zu erläutern scheint, welches dem
Buche vorangestellt ist:
»L’art est le reflet. de la vie interieure.«

— Es sind dies Worte der verewigten Kaiserin
Elisabeth von. Oesterreich, und sie enthalten mehr
als vermutbar, sie geben mehr als sie versprechen,
wie dies denn die Art edler Geister ist. So auch
Graf Latemars ganzes Buch, — so auch die Werke
: der mit Recht von ihm so hoch gestellten Künstlerin

Tini Rupprecht.
hinzusetzen, mit denen der Autor am Schluss sein
Urteil über T. Rupprecht zusammenfasst, und mit
denen er nicht nur ihr, sondern sich selbst einen
Ehrenkranz windet (Seite 57):

„Klares Erfassen, tiefgründiges Erkennen; eine
mehr leichte als strenge Ausführung; unbestreit-
bares technisches Können; die Gabe der Farbe
und das Gefühl für die Linie; ein edler, zarter und
. bestrickender Geschmack; Verstand und Geschick,

Es sei erlaubt, hier die Worte -

Reiz und Geschmeidigkeit: Das sind, in wenige
aber treffende Worte gedrängt, Frl. Tini Rupprechts
Haupteigenschalten. Eine wohlausgeglichene In-
telligenz; eine bei einer jungen Dame nicht zu er-
wartende Krait der Charakterisierung; ein nicht zu
stillendes Verlangen nach Darstellung des Lebens
und seiner Ausdrucksformen; dazu das Feingefühl
für Schönheit und ein brennender Trieb nach Ver-
vollkommnung — das sind ‚die Grundelemente
ihrer Eigenart, welch’ letztere schon den bestimmen-
den Zug ihrer Künstlerschait ausdrückt.“

Der Stil des französischen Originaltextes ist
freilich von einem Reiz, den keine Uebertragung
beibehalten kann: Der erhöhtere Genuss bleibe
also dem Leser des Buches; er wird am Ende zu-
geben, dass das Werk vollendet ist — bis auf eins,
was wohl jeder vermissen wird: ein Portrait der
genialen Künstlerin selbst.



Kunstgeschichtliche Notizen

aus Wiener Archiven.

Mitgeteilt von A. Hajdecki, K. K. Major- Auditor d. R.

(1. Fortsetzung.)

Die Fürstin Jsabella Luhbomirska, geborene
Fürstin Czartoryska, Wittwe des Gross-Kronmarschalls
Fürsten Stanislaus Lubomirski, übersiedelte nach
dem Ausbruche der Revolution aus ihrem „Palais Royal‘ in
Paris mit grossem Gefolge im Frühjahre 1791 nach

Wien, wo sie das bestandene Palais Esterhäizy, Mölker- .

bastei Nr. 1237, ankaufte und hier als Frau‘und Gebieterin
von und auf 16 Städten und Marktflecken und 53 Dör-
fern ihren „Hofstaat‘ etablierte. Dieser bestand fast
durchwegs aus Franzosen, zumeist emigrierten Geist-
lichen, aber auch aus Schauspielern, Musikern und
Vertretern der bildenden Künste. Wenzel Czerny
war als Klaviervirtuos, Fr. Ludw. Laubertie als
„Musikus und Schauspieldirektor‘“‘ gegen 200 Dukaten
Jahresgehalt kontraktlich engagiert, Abbe Middon als
Bibliothekar und es fehlten natürlich auch die Maler
„nicht. Die Fürstin schickte nun im März 1793 nach
Lancut, wo sie jährlich den Sommer. zuzubringen
pflegte, ihre zwei Maler mit irgend welchen Aufträgen,

wahrscheinlich die Ausschmückung des Schlosses be-
treffend. ;
Da jedoch laut einer Normalvorschrift vom 2. Februar
und 4. März 1793 den eingewanderten Franzosen der
Aufenthalt lediglich in den Hauptstädten, keinesfalls
aber und unter keiner Bedingung auf dem flachen
Lande gestattet war, so war der Rzeszöwer Kreishaupt-
mann in Verlegenheit, wie er sich in diesem Falle gegen-
über der Fürstin, welche bei Hofe Einfluss hatte, zu
benehmen hätte — und fragte beim Landespräsidenten
an; aber auch dieser fand es angezeigt, beim Polizei-
minister anzufragen, welcher ihn jedoch lediglich auf
die bestehende Verordnung gewiesen hat. Nur einer
von diesen Malern wird als ein Franzos mit Namen an-
geführt, und zwar ist es der „Jean Tassard, aus
Paris gebürtig, 45 Jahre alt‘, welcher lediglich mit einem
Pass des Wiener Stadtmagistrates versehen war.

Mitte Mai waren aber beide Maler noch in Lancut;
denn der dortige Plenipotent des „dominiums Lancut‘“,

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