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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Nr. 11
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Escherich, Mela: Die Darstellung des Uebernatürlichen in der Kunst
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Uhde-Bernays, Hermann: G. Segantini
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0635

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— 437 —

Lösung finden. Mit derselben Schärfe und Wahr-
haftigkeit, mit der wir glauben, träumen, dichten
und überhaupt empfinden, muss auch im Bilde
auf unsere Einbildungskrait gewirkt werden. Es
ist gleichgiltig, ob uns der Künstler Fabel oder
Wahrheit vorsetzt — immer müssen wir den Ein-
druck der Wahrscheinlichkeit gewinnen.

In der Kunst gibt es keine andre Wahrheit, als
die Phantasie und auf diesem Gebiet ist alles erlaubt.

Es kann nicht oft genug betont werden, dass
die Kunst keine Kopistin der Natur sein darf. Sie
ist ein Ding für sich. ;

Ruskin sagt von Rosetti: „Das alte und das
neue. Testament waren ihm nur die grössten Ge-
dichte, die er kannte.“ Für die rechte Kunst ist
eben alles Poesie. Sie dichtet alles um, Natur und
Uebernatur. Und unantastbar wahr ist nur das
ewig Schöne. ;

ELLE HI ————



Segantini.

Rückkehr in den Schafstall.



von Hermann Uhde=Bernays (Nürnberg).

Seit Segantini allzufrüh auf einsamer Höhe
dahingeschieden ist, sind in rascher Folge drei Be-
trachtungen seines Lebens und seiner künstlerischen
Thätigkeit veröffentlicht worden, verschieden alle
drei, an Inhalt und Ausstattung, an Umfang und
Preis. Während W. Freds kurze Darstellung‘) — vor-
nehm gehalten und im allgemeinen vollauf genügend
— doch allzusehr skizzenhaft sich liest, suchte
Villari in seinem englischen „Segantini“ mit Hülfe
eines sorglich gesammelten Materials und zahl-



ı) W. Fred. Giovanni Segantini.
tafeln und 30 Autotypien. Fol. Wiener Verlag. 1901.
hierzu die dem Werke entnommenen Reproduktionen.

Mk. 6.-. (Vergl.

31 S. mit 1 Farben-, 2 Lichtdruck-

reicher Briefe uns den Künstler als Menschen näher
zu bringen, wobei aber der Mensch als Künstler
zu kurz gekommen ist. Aber die Schuld liegt
nicht so sehr am Text als an den beigegebenen
Abbildungen, die oft angethan sind, das verwöhnte
Auge zu verletzen, und schlimmer noch, von
manchem Original eine matte, unrichtige Vorstellung
geben. Ein König der Luft und des Lichts, ein
Baldur unter den kunstgebietenden Göttern, wie
Segantini es war, kann in seiner ganzen Macht nur
dargestellt und erfasst werden, wenn seine Werke
mit dem Aufgebot aller vorhandenen technischen
Mittel nachgebildet gleichsam wiedererstehen. Dann
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