EIN TEPPICHKARTON VON GOYA
von AUGUST L. MAYER
Die Komposition mit drei fast lebensgroßen Figuren,
die wir heute veröffentlichen, ist in der Goyalitera«
tur vollkommen unbekannt. Es kann kein Zweifel
darüber walten, daß das Gemälde (h. 1,84 br. 1,01)
eine eigenhändige Arbeit von Goya ist; nicht nur
die Erfindung und Auffassung dieser Gruppe einer
Maja und zweier Majos ist für ihn charakteristisch,
sondern vor allem die technische Behandlung. Man
wird sofort an die sogen. Teppichkartons erinnert,
an die Vorlagen, die Goya für die Madrider Tep«
pichfabrik seit 1776 lieferte. Ein näherer Vergleich
mit den bekannten Stücken dieser Serie ergibt eine
enge Verwandtschaft mit den 1779 und 1780 abge«
lieferten Arbeiten, vor allem mit den Darstellungen:
„Die Schaukel“, „Die Wäscherinnen“ (1779) und
den „Tabakzollwächtern“ (abgeliefert 24. Januar
1780). Goya hat offenbar noch eine Reihe anderer
Teppichvorlagen projektiert, außer denen, die zur
Ablieferung gelangten. Die beiden Skizzen „Der
Tanz“ und das „Picknick“ bei den Erben des Mars
ques de Torrecilla müssen in der gleichen Zeit ent®
standen sein, der Mann mit dem breiten Hut des hier
veröffentlichten Bildes findet sich sehr ähnlich auf
dem Picknick wieder1). Welche Rolle der bisher
unbekannte große Karton in der Geschichte der für
die Fabrica de Sa. Barbara bestimmten Stücke spielt,
1) Vgl. Abb. Calvert, „Goya“, plate 199, 205. Der Künstler hat diese
beiden ^Motive Jahre später in den Skizzen im Prado und der Londoner National
Gallery wieder aufgegriffen.
bleibt vorläufig rätselhaft. Der Karton ist aus spani«
schem Privatbesitz über den Pariser Kunsthandel
vor einiger Zeit in eine römische Sammlung gelangt.
Der malerische Vortrag ist sehr frei, bald dünn,
aquarellhaft flüssig, bald sehr pastös, aber auch
hier erkennt man das Bemühen des Künstlers, es
seinem großen Vorbild Veläzquez gleichzutun. Das
Kolorit, vor allem die Karnation ist wie bei allen
Werken des Meisters jener Zeit noch etwas bunt
und schwer. Die Grundierung der Leinwand mit
dem rötlichen Bolus macht sich zu sehr bemerkbar.
Wir benützen die Gelegenheit, um darauf hinzu«
weisen, daß neuerdings in Madrid Goya«Zeich«
nungen gefälscht werden und Erzeugnisse des mo«
dernen Fälschers auch schon auf dem Pariser Kunst«
markt aufgetaucht sind. Es handelt sich um Feder«
Zeichnungen auf altem Papier; Goyasche Zeich«
nungen werden frei variiert, man scheut sich auch
nicht, die originalen und originellen Beschriftungen
von Goyas Zeichnungen zu verwenden und seinen
Namen zu fälschen. Es genügt aber nur eine halb«
wegs aufmerksame Betrachtung, um zu erkennen,
daß der Fälscher frecher ist als wirklich begabt, daß
vor allem seine Zeichenkunst weit hinter der seines
Vorbildes zurückbleibt. Seine Unterlegenheit verrät
sich vor allem in der äußerst schwachen Zeichnung
der Hände.
PIETER DE HOOCH „GESELLSCHAFT
IM GARTEN BEIM KEGELSPIEL“
ZU UNSEREM FARBIGEN TITELBLATT
Das hier farbig wiedergegebene Gemälde von Pieter
de Hooch „Gesellschaft im Garten beim Kegelspiel“
ist eine der drei Varianten, die uns als eigenhändige
Arbeiten des Meisters bekannt sind. Die beifden an«
deren Fassungen befinden sich in der Sammlung
von Baron James Rothschild in Paris und in der
Kollektion von Miß Hanna in Cincinnati. Das vor«
liegende Exemplar stammt aus der Sammlung des
Herzogs von Marlborough und gelangte später in
die Sammlung Paul Perrier in Paris. Gegenwärtig
ist es Besitz der Kunsthandlung Wildenstein. Es
gehört der Übergangszeit von der Delfter zur
Amsterdamer Periode des Künstlers an, also den
Jahren 1665—68. Es ist etwas später als das Exem«
plar in Cincinnati, das noch leuchtender im Kolorit
ist, aber weniger sorgfältig komponiert als die vor«
liegende Fassung.
W. R. Valentiner
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von AUGUST L. MAYER
Die Komposition mit drei fast lebensgroßen Figuren,
die wir heute veröffentlichen, ist in der Goyalitera«
tur vollkommen unbekannt. Es kann kein Zweifel
darüber walten, daß das Gemälde (h. 1,84 br. 1,01)
eine eigenhändige Arbeit von Goya ist; nicht nur
die Erfindung und Auffassung dieser Gruppe einer
Maja und zweier Majos ist für ihn charakteristisch,
sondern vor allem die technische Behandlung. Man
wird sofort an die sogen. Teppichkartons erinnert,
an die Vorlagen, die Goya für die Madrider Tep«
pichfabrik seit 1776 lieferte. Ein näherer Vergleich
mit den bekannten Stücken dieser Serie ergibt eine
enge Verwandtschaft mit den 1779 und 1780 abge«
lieferten Arbeiten, vor allem mit den Darstellungen:
„Die Schaukel“, „Die Wäscherinnen“ (1779) und
den „Tabakzollwächtern“ (abgeliefert 24. Januar
1780). Goya hat offenbar noch eine Reihe anderer
Teppichvorlagen projektiert, außer denen, die zur
Ablieferung gelangten. Die beiden Skizzen „Der
Tanz“ und das „Picknick“ bei den Erben des Mars
ques de Torrecilla müssen in der gleichen Zeit ent®
standen sein, der Mann mit dem breiten Hut des hier
veröffentlichten Bildes findet sich sehr ähnlich auf
dem Picknick wieder1). Welche Rolle der bisher
unbekannte große Karton in der Geschichte der für
die Fabrica de Sa. Barbara bestimmten Stücke spielt,
1) Vgl. Abb. Calvert, „Goya“, plate 199, 205. Der Künstler hat diese
beiden ^Motive Jahre später in den Skizzen im Prado und der Londoner National
Gallery wieder aufgegriffen.
bleibt vorläufig rätselhaft. Der Karton ist aus spani«
schem Privatbesitz über den Pariser Kunsthandel
vor einiger Zeit in eine römische Sammlung gelangt.
Der malerische Vortrag ist sehr frei, bald dünn,
aquarellhaft flüssig, bald sehr pastös, aber auch
hier erkennt man das Bemühen des Künstlers, es
seinem großen Vorbild Veläzquez gleichzutun. Das
Kolorit, vor allem die Karnation ist wie bei allen
Werken des Meisters jener Zeit noch etwas bunt
und schwer. Die Grundierung der Leinwand mit
dem rötlichen Bolus macht sich zu sehr bemerkbar.
Wir benützen die Gelegenheit, um darauf hinzu«
weisen, daß neuerdings in Madrid Goya«Zeich«
nungen gefälscht werden und Erzeugnisse des mo«
dernen Fälschers auch schon auf dem Pariser Kunst«
markt aufgetaucht sind. Es handelt sich um Feder«
Zeichnungen auf altem Papier; Goyasche Zeich«
nungen werden frei variiert, man scheut sich auch
nicht, die originalen und originellen Beschriftungen
von Goyas Zeichnungen zu verwenden und seinen
Namen zu fälschen. Es genügt aber nur eine halb«
wegs aufmerksame Betrachtung, um zu erkennen,
daß der Fälscher frecher ist als wirklich begabt, daß
vor allem seine Zeichenkunst weit hinter der seines
Vorbildes zurückbleibt. Seine Unterlegenheit verrät
sich vor allem in der äußerst schwachen Zeichnung
der Hände.
PIETER DE HOOCH „GESELLSCHAFT
IM GARTEN BEIM KEGELSPIEL“
ZU UNSEREM FARBIGEN TITELBLATT
Das hier farbig wiedergegebene Gemälde von Pieter
de Hooch „Gesellschaft im Garten beim Kegelspiel“
ist eine der drei Varianten, die uns als eigenhändige
Arbeiten des Meisters bekannt sind. Die beifden an«
deren Fassungen befinden sich in der Sammlung
von Baron James Rothschild in Paris und in der
Kollektion von Miß Hanna in Cincinnati. Das vor«
liegende Exemplar stammt aus der Sammlung des
Herzogs von Marlborough und gelangte später in
die Sammlung Paul Perrier in Paris. Gegenwärtig
ist es Besitz der Kunsthandlung Wildenstein. Es
gehört der Übergangszeit von der Delfter zur
Amsterdamer Periode des Künstlers an, also den
Jahren 1665—68. Es ist etwas später als das Exem«
plar in Cincinnati, das noch leuchtender im Kolorit
ist, aber weniger sorgfältig komponiert als die vor«
liegende Fassung.
W. R. Valentiner
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