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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0202

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MAJOLIKAS
GIACOMO

ENEDIG 1542
M SIGMARINGEN

DAS SIGMARINGER MUSEUM

III. KUNSTGEWERBE DER RENAISSANCE

Die am Ausgang des Mittelalters einsetzende Um-
stellung des Kunsthandwerkes auf den gewaltig zu-
nehmenden Bedarf weitester Kreise an Kunstgegen-
ständen profanen Gebrauchs bringt es mit sich, daß
auch im Sigmaringer Museum die Renaissancearbei-
ten an Zahl das mittelalterliche Kirchengerät weit-
aus überholen. Die umfangreichsten Abteilungen
bilden nun die für den kirchlichen Bedarf kaum in
Betracht kommenden Erzeugnisse der Töpfer-
kunst und die Gläser. Unter den letzteren sind
am stärksten die Gläser mit bunter Emailmalerei
vertreten, und zwar nicht nur die bekannten Typen
deutscher Herkunft mit dem Reichsadler, den Kur-
fürsten, den Lebensaltern, sondern auch frühe Stücke
von singulärer Bedeutung. An erster Stelle steht
ein orientalischer Glasbecher des 13. Jahrhunderts
(Abb. S. 180), der fraglos im Bereich der islami-
schen Kunst, vermutlich in Syrien, hergestellt ist,
aber durch die Aufschrift „Ave Maria gracia plena“
verrät, daß er für christliche Abnehmer bestimmt
war. In den Farben Gelb, Grün, Rot und Schwarz-
braun sind mit breiten weißen Umrissen ein Adler

und ein Greif in straffer heraldischer Stilisierung ein-
ander gegenübergestellt, wobei die Schmelzfarben
teils innen, teils außen aufgebrannt sind, wie das
ebenso bei anderen Emailgläsern des 13. Jahrhun-
derts aus Syrien und Mesopotamien vorkommt.
Auch der venezianische Glasbecher vom Jahre 1529,
aus blauem Glas (Abb. S. 180), ist für den Export
geschaffen; die drei emaillierten Brustbilder in Oval-
medaillons stellen den deutschen König Ferdinand I.
seine Gemahlin Anna v. Ungarn und seinen Vor-
fahren Kaiser Friedrich III. dar, augenscheinlich nach
deutschen Holzschnitten gemalt. Für deutsche Be-
steller ist ferner der Glaspokal von gotisierender
Form mit aufgerolltem Griff (Abb. S. 183) in Venedig
am Anfang des 16. Jahrhunderts mit Tiroler Fami-
lienwappen ausgeführt, dessen Gegenstück sich im
Britischen Museum befindet. Auf die mittelalter-
liche Beschaffenheit der deutschen, speziell der
rheinischen Gläser deutet das mit Traubennoppen
besetzte Glas aus schwerer grüner Masse mit zwei
Henkeln zurück (Abb. S. 183), das wohl für eine
Apotheke bestimmt war.

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