Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0157

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
HANS VON KULMBACH ALS BILDNISMALER

VON ERNST BUCHNER

Es nimmt nicht wunder, daß Dürers ernste und
wesenhafte Bildniskunst von seinen Schülern meist
nur obenhin erfaßt, selten mit Glück nachgeahmt,
kaum einmal in schöpferischem Sinne umgebildet
worden ist. Baldung, der freieste und männlichste
Geist aus der Gefolgschaft Dürers, empfängt zwar
auch auf dem Gebiete der Bildnismalerei von dem
Meister wichtige Richtlinien und Kunstgriffe; aber
Baldungs kühne und straffe Art, ein Antlitz mit ein
paar beschwingten Strichen und stoßsicheren Linien-
zügen zu einem zwingenden Gesamteindruck zu-
sammenzureißen, setzt sich doch scharf von der
tiefer lotenden, eindringlich forschenden, menschlich
großen Charakterzeichnung Dürers ab; wie ja Bal-
dung, ein Sprößling anderen Stammes und von
leichterem Geblüt, kaum zu der eigentlichen Dürer-
schule gerechnet werden darf. Nach seinen Nürn-
berger Lehrjahren geht er seinen eigenen Weg.
Hans Leonhard Schäufelein und Hans Süß von
Kulmbach hatten — so schien es bis vor kurzem — als
Porträtisten kein gewichtiges Wort mitzureden. Ein
paar neu aufgetauchte oder jüngst erst erkannte
Bildnisse ihrer Hand berichtigen diese Auffassung.
Schäufelein allerdings, dem äußerlicheren und flache-
ren Talent, gelingen nur in der Jugend, als er noch
unter dem mächtigen Eindruck von Dürers Persön-
lichkeit und Kunst stand, Bildnisschöpfungen von
reinem Guß und klarem Klang. Ich nenne das ker-
nige, etwa um 1506 gemalte Männerbildnis (mit dem
falschen Dürermonogramm und der verdächtigen
Jahreszahl 1507), das sich als „Dürer“ im Kunst-
handel befindet, und das schöne, milde, kurze Zeit
später entstandene Konterfei eines jungen Mannes
im Warschauer Nationalmuseum1).
Stehen bei Schäufelein die besten Bildnisse am An-
fang seiner künstlerischen Laufbahn, so hatKulmbach
sein stärkstes Porträt, die herrliche Neuerwerbung
des Germanischen Museums (Abb. S. 137), nicht
lange vor seinem Tode gemalt. Aber bereits 1511, als
Kulmbachs reife „Epiphanie“ (im Kaiser-Friedrich-
Museum) entstand, hat sich Kulmbach mit dem Bild-

1) Beide Tafeln, die nicht überzeugend „Dürer“ selbst zugeschrieben wurden,
habe ich in meinem Schäufelein-Aufsatz (Friedländer-Festschrift S. 46 ff.) zu
würdigen versucht.

nis des nachmaligen Landesherren seiner engeren
Heimat, des Markgrafen Casimir von Brandenburg-
Kulmbach, in die vordere Linie der deutschen Por-
trätisten seinerZeit gestellt (Abb. S. 136). Die datierte
und monogrammierte Tafel, die vor ein paar Jahren
im Berliner Kunsthandel auftauchte ’), ist kürzlich
für die Alte Pinakothek in München erworben wor-
den, wo sie die reiche, aber doch noch lückenhafte
Sammlungaltdeutscher Bildnisseauf das wünschens-
werteste ergänzt.
Das Bildnis ist auf Föhrenholz gemalt; das Mal-
brett mißt 43X31,6 cm, die Malfläche 42X30,6 cm2).
Oben im schwarzen Hintergrund steht in zarter
Majuskelschrift die alte, zweifellos von Kulmbach
stammende Legende:
MARGGRA/E • CASIMIR • FET-DISE • GE-
STALT-ALS-ER • WAS • DREISSICK • IAR
ALT-C-I5II
Das ligierte Monogramm (K in H) steht, deutlich
erkennbar, unter der Jahreszahl.
Die Erhaltung des Bildes ist, von einigen gering-
fügigen Ritzern und punktuellen Schäden abgesehen,
gut. Wenn an der rechten Wange einige vom Künst-
ler zur Belebung des Inkarnats hingesetzte graurosa
Töne nicht völlig mit den durchsichtig und zart
gemalten Hauptpartien des Gesichtes verwachsen
erscheinen, so hat dies seinen Grund in der nicht
gleichmäßigen Dichtigkeit des ursprünglichen Far-
benauftrages. Eine genaue Untersuchung durch
Professor Kinkelin (Alte Pinakothek) ergab, daß
das Bild von einer verflauenden Restaurierung oder
beeinträchtigenden Übermalung verschont geblie-
ben ist.
Markgraf Casimir, der 1481 geborene Sohn des
Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Kulmbach
und seiner Gemahlin Sophie, der Tochter des Polen-
königs Casimir, präsentiert sich in einem sehr auf-

1) Die Geschichte des Bildes läßt sich vorerst nicht weiter zurückverfolgen.
Vor einigen Jahren erwarb es die Berliner Kunsthandlung van Diemen, an-
geblich aus russischem Privatbesitz. Nachdem es sich zwei Jahre in einer
Berliner Erivatsammlung befunden hatte, gelangte es 1927 in den Besitz der
Kunsthandlung Rothmann (Berlin), von der es 1928 die Alte Pinakothek erwarb.
1925 war das Bild kurze Zeit auf der „Ausstellung des Kaiser-Friedrich-
Museums-Vereins“ in der Berliner Akademie. W. von Bode hat sie anläßlich
einer Besprechung der Akademie-Ausstellung in Velhagen- und Klasings Monats-
heften (Jahrg. 1925) veröffentlicht.
2) Die lafel ist vor kurzer Zeit gerostet worden.

135
 
Annotationen