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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0270

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PAOLO UCCELLO, KREUZIGUNG

PRIVATSAMMLUNG

EINE KREUZIGUNG VON PAOLO UCCELLO

Wir betrachten es alsjeinen besonderen Vorzug, ein
unbekanntes Werk eines so großen und seltenen
Meisters wie Paolo Uccello veröffentlichen zu dürfen,
um so mehr als dieses Stück wohl dasjenige ist, in
welchem wir Uccellos malerische Qualitäten am
besten erkennen können. Die drei bekannten
Schlachtenbilder in Paris, London und Florenz sind
nicht gut erhalten und sehr nachgedunkelt, die Fres-
ken im Kloster von Sta. Maria Novella kaum er-
kennbar und die Porträts, welche man ihm zu-
schreiben kann, koloristisch von geringer Bedeutung.
Die Jagdszene in Oxford ist auf ganz schwarzem
Hintergrund. Malerisch sehr schön sind jedenfalls
die kleine St.-Georgs-Tafel in der Sammlung Lancko-
ronski in Wien und die Predella in Urbino, aber
dieses schlecht erhaltene Alterswerk schon weniger.
Uccello zeigt auch auf dem von uns reproduzierten
Bilde ein ebenso erhabenes wie phantastisches Kolo-
rit. Der Effekt des hellgelb leuchtenden Kreuzes

auf den klarlila Bergen ist ebenso schön und er-
greifend wie die Färbung in Grünwalds Isenheimer
Altar. Es gibt uns überhaupt einen ganz neuen Be-
griff von Paolo Uccello, der bisher am meisten als
ein Förderer des Perspektivstudiums gefeiert wurde,
das er, oft etwas experimentierend, in seinen Bil-
dern manifestiert. Die ganze Tätigkeit dieses Malers
ist ein Übergang von der Spätgotik zur Kunst der
Renaissance. Diegotischen Elemente sind jedenfalls
in dieser Kreuzigung wie auch im St. Georg der
Wiener Sammlung noch stark vertreten, nicht nur
in den Formen und dem Faltenwurf, sondern auch
die merkwürdigen morphologischen Typen schei-
nen von den Chimären des höheren Mittelalters
inspiriert zu sein. Doch ist das Gemälde von einem
reifen Maler und ich glaube nicht, daß man es vor
ungefähr seinem dreißigsten Jahre ansetzen könnte:
es wäre in diesem Fall etwa zwischen 1425 und
1430 entstanden. Raimond van Marie

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