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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0062

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BERLIN


WESTFÄLISCH. ANF. 15. JAHRH. MADONNA
BERLIN, GALERIE VAN DIEMEN

BERLIN
Indem wir einen Überblick über die Erscheinungen suchen, die
das Bild zeichnen, das Berlin als ein Sammelpunkt alter Kunst
fast von Monat zu Monat bietet, drängen sich einige tiefere
Begleitumstände hervor. Die wissenschaftliche Anschauung
hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte durch die Hinzu»
Ziehung des Kunstmarktes in einem hohen Maße verbreitet
und die Sonderstellung, die das museale Gut einst auch
in wissenschaftlicher Flinsicht innehatte, ist fast völlig ge»
schwunden. Die Tatsache besteht, daß in den Voraussetzungen
des Kunstmarktes mehr als je die unmittelbar museenbildenden
Voraussetzungen liegen (und damit auch ein Teil der Voraus»
Setzungen, die der Wissenschaft neuen Antrieb gibt). Beide
Erscheinungen gehen heute so eng zusammen, daß sie kaum
mehr unabhängig voneinander zu betrachten sind. Neben
dem bleibenden Besitz, den die Museen und größeren, be»
kannten Sammlungen erwerben, möchten wir an dieser Stelle
stets einiges festhalten von jenem Kunstgut, das vorübergehend
aus dem anonymen Dunkel des privaten Besitzes auftaucht.
Die Gemäldegalerie des Kaiser»Friedrich»Museums erwarb aus
der Galerie Rothmann das kleine, farbig reizvolle Bild des

J an de Cock, die Eremiten Antonius und Paulus in der Wild»
nis, das de Gelder kürzlich im Burlington Magazine LI, S. 68
veröffentlicht hatte. Eine noch ungenannte Vorzeichnung
dazu befand sich 1914 auf einer Brüsseler Auktion (Sylva).
Die Zuneigung, die seit längerem hier der flämischen Land»
schäft zugewandt worden war (von K. de Keuninck, Jacob van
Geel,Abr. Bloemaertsind neuerworbene Landschaftsbilder zu
nennen) wurde außerdem durch die Erwerbung der großen
Rubenslandschaft gekrönt, die ehemals im Besitz des Kardi»
nals Richelieu erwähnt, danach lange in England war und
jetzt in die Gemäldegalerie gelangte, wo sie neben der heroi»
sehen Landschaft mit dem Schiffbruch des Aeneas, das Bu»
kolische der Rubensschen Landschaftsmalerei zur Geltung
bringt. Ihre Entstehungszeit wird um 1625 angenommen Mo»
tivisch stellt sie eine Kompilation der beiden früheren Land»
schäften mit Meierhof und Kühen im Buckingham Palace
und in München dar, doch ist die Malerei offensichtlich
freier und weiter entwickelt. Gleichzeitig mit dieser Neu»
erwerbungwarim Kaiser»Friedrich»Museum dasiebensgroße
Bildnis einer genuesischen Dame als Leihgabe der Galerie
Benedikt ausgestellt, das die vielseitige Meisterschaft des
Rubens in der Beherrschung der malerischen Mittel zeigte-
Vereinzelte seiner frühen Bildnisse waren in letzter Zeit da
und dort aufgetaucht, aber sie gaben, schon durch den
kleinen Ausschnitt, nur eine unvollkommene Vorstellung
gegenüber diesem in großem Stil repräsentativen Werk.
Aus der Ausstellung „Das flämische Landschaftsbild“, die
die Kunsthandlung Gottschewski und Schäffer veranstal»
tete, erwarb die Gemäldegalerie ferner eine bezeichnete
Landschaft des Jan Wildens (von 1627).
Die genannte Ausstellung war in mehrfacher Hinsicht dan»
kenswert. Solche Ausstellungen sind ja immer zugleich ein
Prüfstein unserer Kenntnis. An ihnen erweist sich das sichere,
das unsichere Gut. Namen grenzen sich bestimmter von»
einander ab. Grenzfälle werden entschieden. So war ein viel
umstrittenes Werk der Londoner Frühjahrsausstellung hier
ebenfalls zu sehen, die Winterlandschaft, die als einzige
von zahlreichen Repliken Pieter Breughels Signatur trug.
Aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, den Anfängen
der reinen Landschaft, waren ausgestellt: die Ruhe auf der
Flucht von Patinir aus der früheren Sammlung Kaufmann,
mehrere kleine Blesbilder, darunter eines, das wohl zu Un»
recht diesen Namen trug, eine Golgathalandschaft (Nr. 8), die
nach Färbung und Typus zweifellos dem Braunschweiger Mo»
nogrammisten Jan van Amstel gehört, eine bezeichnete Ruhe
auf der Flucht von Jan Massys (1564 datiert, eine Art Gegen»
stück mit demselben Motiv von 1570 befand sich 1920 bei
L. Harris in London), zwei Bilder von Lucas Gassel (das eine
fälschlich unter Cornelis Massys) und der Fischzug Petri, den
Baldass unlängst an Matthys Cock zugeschrieben hatte (Ztschr.
f. b. Kst. 1927, S. 90), der aber für diesen Meister doch zu un»
bedeutend und keinesfalls gesichert schien.
Recht breit entwickelte sich die Malerei aus der zweiten Hälfte
des 16. und im Übergang zum 17. Jahrhundert, die italie»
nisierende Frankentaler Richtung der Elsheimer, Bril, Coninx»
loo, Martin Ryckaert, Mirou; Antwerpen mit Jan Breughel
und den ihm verwandten Gysels und Stalbemt, Grimmer,
de Momper, Tobias Verhaeght (ein bezeichnetes Bild von 1615),
Vinckboons, Savery, Denis van Alsloot und Kerstian de Keu»
ninck, Jacques Foucquier und dann die eigentlich flämische
Landschaft des 17. Jahrhunderts. Aus der Sammlung Königs

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