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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0350

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DIE GOYA-AUSSTELLUNGEN
Der Prado hat anläßlich der hundertsten Wiederkehr von
Goyas Todestag nicht nur seinen einzigartigen Besitz an
Werken des Meisters in würdigster und geschmackvollster
Weise neu geordnet, sondern bietet eine nicht weniger als
neunzig Werke umfassende Ausstellung Goyascher Gemälde
aus Privatbesitz. Die getroffene Auswahl ist im großen ganzen
sehr glücklich, der Ausstellungskatalog mustergültig auf Grund
bisher unveröffentlichter Studien von Juan Allende Salazar
gearbeitet. Nur ein knappes halbes Dutzend der hier gezeigten
Werke trägt Goyas Namen zu Unrecht, und auch hier läßt
der Katalog durchblicken, daß die Ausstellungsleitung selbst
Bescheid wußte, aber die Annahme dieser Bilder offenbar aus
bestimmten Gründen nicht verweigern konnte. Dafür sieht
man aber auch einige bisher völlig unbekannte, zum Teil recht
wichtige Werke, vor allem aus dem Besitz von D. Luis Mac-
Crohon. So eine frühe Breitkomposition mit einer Maja und
einer Alten, aus der Zeit der ersten Teppichkartons, eine
schlafende Frau im Ährenfeld, die der Katalog zeitlich nicht
genauer bestimmt, unseres Erachtens aber irgendwie mit dem
Teppichkarton „Der Sommer“ von 1786 zusammenhängt. Die
etwas lockerere Malweise erklärt sich vielleicht aus der skizzen-
hafteren Ausführung. Endlich das sehr bedeutende Hochbild
mitder Kurtisane und der Kupplerin am Balkon, sehrzutreffend
gegen 1816 datiert (Abb. S. 317). Der sehr lichte hl. Antonio von
Padua Nr. 86 aus dem Besitz von A. Lopez Roberts, zum
erstenmal ausgestellt, scheint mir erst in den letzten Jahren
des 18. Jahrhunderts gemalt zu sein.
Das Urquijo-Porträt der Academia de la Historia wird auf
Grund biographischer Zusammenhänge vom Katalog erst 1798
angesetzt. Das Bildnis des Rojas aus gleichem Besitz wird
früher zu datieren versucht als Beruete und ich es getan haben,
doch scheint es nicht richtig, an dem frischen Aussehen des
Dargestellten Anstoß nehmen zu wollen, nach dem Stil der
Malerei ist das Porträt frühestens um 1809 entstanden. Das
Louvre-Bildnis des Perez de Castro, von mir um 1800, von
Tormo 1800 bis 1809 datiert, ist wohl eher um 1808 als um
1800 entstanden. Das Brustbild der jungen Gräfin von Haro
wird vom Katalog recht überzeugend auf 1802 festgelegt. Das
Brustbild des Stierkämpfers Jose Romero ist, wie der Katalog
hier, fast zu vorsichtig, nur andeutet, nicht allein wegen des
Alters, sondern auch wegen des Stils, in dem das Bild gemalt
ist, erheblich früher entstanden, als man bisher allgemein an-
nahm. Es gehört wohl der Zeit der ersten Teppichkartons an,
also den Jahren 1776bis 1780. Das Exemplar desMelendez Val-
des, identisch mit meiner Nummer 347, machte mir auf der
Ausstellung einen viel ungünstigeren Eindruck als bisher;
befremdlich gegenüber dem Exemplar in Barnard Castle wirkt
die schwerere Malerei, die dunklere Gesamthaltung, das Glanz-
licht auf der Nase. Ist das kleine Selbstporträt Goyas vor
der Staffelei aus der Sammlung des Conde de Villagonzalo
erst in dem frühen neunziger Jahr entstanden, wie Allende
und Tormo glauben, dann ist ein anderer als Goya dargestellt.
Das Aussehen des Malers entspricht in keiner Weise dem
Goyas nach 1790. Weiterhin muß der Katalognotiz wider-
sprochen werden, daß das kleine Julia-Porträt, jetzt in der
Sammlung Sachs in New-York, ein Selbstporträt Goyas sei.
Die Züge des um 1798 von Goya Porträtierten gehen durchaus
mit denen auf dem Porträt von 1814 zusammen. Das kleine
Bildnis der Marquesa de las Mercedes aus dem Louvre, das

IN MADRID UND ZARAGOZA
sicher eine Wiederholung nach dem großen Bild jetzt in
der Sammlung Weill in Paris ist, hat man in seiner Eigen-
händigkeit anzweifeln wollen. Das unter Nummer 89 aus-
gestellte kleine Bildnis der Königin Maria Luisa aus der
Sammlung Mac-Crohon mag vielleicht eher von Esteve als
von Goya ausgeführt sein, aber das Louvrebild ist doch zu
gut und wir geben auch zu bedenken, daß das Pariser Bild —
was der Katalog nicht erwähnt — aus dem Besitz des fran-
zösischen Gesandten Guillemardet stammt, den Goya 1798 in
Madrid gemalt hat.
Das schönste Bild der Ausstellung ist zweifelsohne neben dem
berühmten „Milchmädchen von Bordeaux“ das große Porträt
der Condesa de Chinchon in Weiß und Blau, mit dem zart-
grünen Ährenschmuck im Haar. Man sieht auch berühmte
Bilder wie die Marquesa de Pontejos, die beiden Porträts von
Goyas Sohn Mariano als Kind, die Herzogin von Alba (Besitz
Herzog v. Alba), die Dekorationen aus der Alameda des
Herzogs von Osuna, die Genrebilder aus dem Besitz des
Marques de la Romana u. a. m.
Der bekannte Madrider Sammler D. Jose Lazaro hat in den
Räumen der Prensa Espanola (ABC) eine Goyaausstellung ver-
anstaltet, die leider dadurch beeinträchtigt wird, daß neben
wichtigen und guten Bildern Goyas und seines Kreises, neben
seltenen Probedrucken von Radierungen, Zeichnungen und
Briefen belangloses Material mitaufgenommen ist und der
Sammler sich gegenüber seinem Besitz zu unkritisch ver-
halten hat.
Die Ausstellung im Museum von Zaragoza zeigt vor allem
die beiden hervorragenden großen Bildnisse des Herzogs
von S. Carlos und des Königs Ferdinand VII. aus dem Besitz
der Verwaltung des Canal Imperial, ferner das bisher un-
bekannte reizende Kinderbildnis D. Luis Ma. de Cistue y Mar-
tinez, um 1787—89 entstanden. Weniger erfreulich als das
Valencianer Exemplar des Company-Porträts ist das hier aus
erzbischöfl. Besitz ausgestellte signierte Gemälde ; schwach ist
das Porträt des D. Jose Cistue, nach 1787 entstanden, wie das
Kinderporträt im Besitz des Baron de la Menglada. Das selt-
same Capricho, als „Sturz Napoleons“ gedeutet (Marques de
Legarda), erinnert zwar an Goyas Arbeiten gegen 1800, ist aber
vielleicht eher eine Schöpfung von Asencio Julia. Neben den
prachtvollen Skizzen Goyas für die Malereien in der Pilar-
kathedrale sah man die frühen interessanten, noch von Luca
Giordano beeinflußten Bilder mittleren und kleineren
Formats, die einst als Wandmalereien die Hauskapelle der
Grafen Sobradiel schmückten und jetzt auf Leinwand über-
tragen sind (Gräfin Gabardä). Noch früher sind die beiden
Bilder „Tod Santiagos“ und Glorifikation der Virgen del Pilar,
die vor kurzem aus dem Besitz einer Verwandten Goyas in
den Besitz des Mueums gelangten. Aus dem Besitz von
Da. Cecilia Balaguer-Gimeno in Madrid war eine Abend-
mahlsskizze ausgestellt. Mit einer Skizze zum Brot- und Fisch-
wunder, früher in der gleichen Sammlung, gehört sie zu den
Studien für die drei Bilder, die Goya im Auftrag des Marques
de Val de Inigo für die obere Kapelle der Cueva del Rosario
in Cadiz um 1790 geschaffen hat und die in der Litteratur
bisher nicht berücksichtigt worden sind.
Von kulturhistorischem Interesse war die mit der Ausstellung
verbundene Schau von kunstgewerblichen Gegenständen und
Dokumenten aus der Goyazeit. a. l. Mayer

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