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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0042

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EIN UNBEKANNTES BILD AUS VERROCCHIOS WERKSTATT

Im anstoßenden Raum sei noch eine schöne frühe ferraresische
Madonna, die das Christkind anbetet, erwähnt.
Was das Barock betrifft, ähnelt die Galerie im Charakter sehr
der Pommersfeldener. Sie enthält eine Fülle des Interessanten
aus Süden und Norden. Unter den Flämen wäre an erster
Stelle ein großes Doppelbildnis Karls I. und seiner Frau von
Van Dyck zu nennen, dem von 1635 beim Duke of Graftori,
Euston Hall, sehr verwandt, vielleicht, wie schon Frimmel an;
nahm, dessen Urbild, sicher aus dem Besitz des Königs stam«
mend. Der übliche Flämenbestand der Barockgalcrien findet
sich in trefflichen Beispielen. Frans Francken ist durch einen
lebendig grautonigen Triumph des Poseidon vertreten. Von
Teniers findet sich ein blondtoniges Pastorale. Eine prächtige
signierte, mythologisch staffierte Landschaft von Wouters.
Am stärksten fällt, in einem Raum vereinzelt hängend, ein
Küchenstück von Brouwer auf.
Die deutsche Barockmalerei wird vor allem durch zwei große
fesselnde Querbilder von J. H. Schönfeld repräsentiert: Salo»
mos Götzendienst und der Tod des Cato. Was aus keinem
der bisher bekannten Werke Schönfelds zu entnehmen war:
sein Zusammenhang mit der dramatischen Halbfigurenhistorie
der Caravaggieske im scharfen Einfall des »Kellerlichts«, wird
aus letzterem Bilde völlig deutlich. Paudiss ist durch einen
betenden Eremiten und einen schlafenden Jäger von eigen«
artiger Schönheit des Lichts vertreten.
Das sind nur einige, aus einer schwer übersehbaren Fülle her«
ausgegriffene Fälle. Obige Betrachtungen sind unterm Ein«

druck einer einmaligen Besichtigung niedergeschrieben, unter
Vorbehalt von Irrtümern, wie sie sich bei der verwirrenden
Fülle des Gesehenen leicht ergeben können. Sie stehen hier
als Ankündigung der wissenschaftlichen Publikationen des
Brünner Gelehrten, deren Abschluß bevorsteht. Sie werden
die Schätze der Kremsierer Galerie der Kunstwissenschaft, für
die sie von grundlegender Bedeutung sind, in weitestem Um«
fange erschließen. OTTO benesch
Wir sind dank der gütigen Unterstützung des um die Gemälde«
Sammlung von Kremsier hochverdienten Monsignore Breiten«
bacher in der Lage, den Bericht unseres Wiener Mitarbeiters
durch einige Abbildungen nach Gemälden dieser photogra«
phisch noch unveröffentlichten Sammlung ergänzen zu können.
Die Aufnahmen sind mit besonderer Erlaubnis des hochw.
Herrn Erzbischofs Dr. Leopold Precan gefertigt zur alleinigen
Reproduktion für das vorliegende Heft, wofür hier der ge«
ziemende Dank ausgesprochen sei.
Das Dürer zugeschriebene Bildnis ist jedenfalls ein bedeuten«
des Werk aus Dürers nächster Nähe. Die Schriftleitung glaubt
darauf hinweisen zu müssen, daß der Charakter der Inschrift«
zahlen nicht mit dem der Dürerschen Zahlen übereinstimmt.
Auf Grund der photographischen Vorlage sei der Vermutung
Raum gegeben, daß es sich bei dem Bildnis vielleicht eher um
eine sehr frühe Arbeit von Hans von Kulmbach handelt.
Die Schriftleitung

EIN UNBEKANNTES BILD AUS VERROCCHIOS

WERKSTATT

VON A. DE HEVESY

Vier hervorragende Schüler wirkten im Atelier des
Verrocchio: Leonardo da Vinci, Lorenzo di Credi,
Pietro Perugino und Fiorenzo di Lorenzo. Die zwei
letzten haben eine so eigenartige Persönlichkeit, daß
sie nicht mit den Florentinern verwechselt werden
können. Doch was Verrocchio, Leonardo und Credi
betrifft, so sind ihre Bilder in dieser Frühzeit nicht
leicht zu unterscheiden. Man kennt zwei beglau«
bigte Malereien des Verrocchio: die Taufe Christi
in den Uffizien, sowie ein Altarbild im Dome von
Pistoia. Das letzte galt lange als Werk Credis, bis
es urkundlich bewiesen wurde, daß Verrocchio in
1479 die Bestellung erhielt. Doch half ihm gewiß
bei dieser Arbeit sein Schüler Credi.
Es wäre nicht überraschend, wenn die Zeitgenossen
von Credi noch mehr erwartet hätten, als von Leo«
nardo. Credi war eine reizvolle, leichte Natur, die

mit dem Erfolge verflachte. Doch war er in seinen
Anfängen ein recht anmutiger Künstler, beinahe dem
jungen Leonardo ebenbürtig.
Vasari behauptet, daß Leonardo seinem Lehrer Ver«
rocchio beim Malen der Taufe Christi behilflich
war, und daß die zwei Engelsköpfe von Leonardo
herrühren. Zwei Bilder werden allgemein dem j ungen
Leonardo zugeschrieben: beide stellen die Ver«
kündigung dar, eine in den Uffizien, die andere im
Louvre. Das letzte stammt aus der Sammlung Cam«
pana, und galt dort als Lorenzo di Credi. Seine
Maße (17 X 60 cm) zeigen, daß es ein Predellen«
Bild war. Vielleicht malte Verrocchio die Altartafel,
sein Schüler die Predellen. Oder gar ist das Louvre«
Bildchen ein Teil eines verschollenen Werkes des
Leonardo.
Doch gibt es ein ganz bedeutendes, bisher kaum be«

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