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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0238

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EINE ANTWERPENER MAJOLIKAKANNE AUF
EINEM GEMÄLDE VON PIETER AERTSZEN
VON MARTIN KLAR

Bei dem Versuch, die Antwerpener Majolikaware
des 16. Jahrhunderts zu identifizieren, hat Bern-
hard Rackham in seinem verdienstvollen Werke
„Early Netherlands Majolica“ die auf den Bildern
der niederländischen Schule dargestellten Majoliken
ausgiebig herangezogen und untersucht. Er verweist
auch auf ein Bild Pieter Aertszens, die Antwerpener
Kreuzigung. Das Salbgefäß der Maria Magdalena,
ein Albarello mit Flechtwerkdekor, repräsentiert eine
ziemlich umfangreiche Gruppe keramischer Erzeug-
nisse, die sich ohne ausgesprochenen lokalen Cha-
rakter eng an die italienischen Quattrocentomaj oliken
anschließt. Ein zweites Werk Pieter Aertszens, das
1553 datierte Bild „Christus bei Maria und Martha“,
das sich gegenwärtig in Berlin befindet (Bes. Dr.Gott-
schewski und Dr. Schaeffer) ist unbeachtet geblieben
(Abb. S. 214). Es zeigt uns als Blumenvase eine
Majolikakanne, deren Dekor von den gleichzeitigen
flämischen Ornamentstichen abgeleitet ist. Da nur
wenige Stücke dieser Stilrichtung bisher im Original
bekannt geworden sind, ist die Abbildung auf einem
gleichzeitigen Gemälde eine willkommene Bereiche-
rung der keramischen Denkmäler (Abb. neben.)
Die Majolikakanne steht an bevorzugter Stelle auf
einer ovalen Tischplatte im Vordergrund. Die Form,
die sehr schlank ausgefallen ist, folgt dem Kannen-
typ, den die italienische Hochrenaissance geschaffen
hat. Da die Kanne von vorn gesehen ist, bleibt
der Henkel durch den Blumenstrauß verdeckt. Die
Farbe des Dekors ist ein weißgehöhtes Kobaltblau,
das gegen einen ockergelben Grund abgesetzt ist.
Um das Mittelstück einer Herme mit ausgebreiteten
Armen, die in einen dünnen Rollwerkrahmen ein-
gespanntist, gruppieren sich, die Fläche gleichmäßig
bedeckend, groteske Tier- und Menschengestalten,
Masken, hängende Wappenschilde, Lorbeerzweige
und Tuchgehänge, die letzteren in reichlicher Ver-
wendung. Diese Elemente einer grotesken Orna-
mentik sind freie Varianten des Groteskeninventars,
das uns in den ornamentalen Entwürfen von Cor-
nelis Bos und Cornelis Floris begegnet. Auch
wenn kein Vergleichsmaterial vorläge, würde die
Elerkunftsbestimmung des Ornaments verbunden
mit dem Hinweis auf den Entstehungsort des Ge-
mäldes — Antwerpen — genügen, die Majolikakanne

einer Antwerpener Töpferwerkstatt zuzuweisen.
Marcel Laurent hat in zwei Aufsätzen des „Burlington
Magazine“ (Jahrgang 41 u. 47) die Gruppe kera-
mischerDenkmälerbehandelfiinwelchedieAertszen-
Kanne einzureihen ist. Ihre Reihe beginnt mit den
1544 datierten Löwenfliesen der Claas-Kollektion;
dann folgen die Rahmenpilaster von 1547 für das


ANTWERPENER M A J O L I K A K AN N E
AUS DEM BILDE DES P. AERTSZEN

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