HOLLÄNDISCH (KREIS DES THOMAS DE KEYSER). F A M I L I E N G R U P P E N B I L D
PARIS, SAMMLUNG BERAUDIERE
DIE GEMÄLDE DER SAMMLUNG COMTESSE
DE LA BERAUDIERE
VON AUGUST L. MAYER
Wenn man in Frankreich ebenso wie in allen
anderen europäischen Ländern die traurige Beob-
achtung machen kann, daß die Abwanderung der
Kunstschätze nach Amerika größer ist als der Auf-
bau neuer bedeutender Sammlungen, so fehlt es
glücklicherweise doch auch in Paris nicht an Kunst-
freunden, die den alten Besitz zu wahren und zu
mehren versuchen. Nicht zuletzt hat die Gräfin
de la Beraudiere — getreu der Tradition dieser als
Sammler gerade im 19. Jahrhundert bekannt ge-
wordenen Familie — durch eine Reihe von bedeu-
tenden Erwerbungen ihrer Sammlung sozusagen ein
ganz neues Gesicht verliehen. Das Glanzstück der
Kollektion ist die rasch berühmt gewordene Be-
weinung Christi des Greco (Abb. S. 278). Dieses
voll signierte, große Bild, das ich früher einige Jahre
nach dem Begräbnis des Grafen Orgaz datiert habe,
ist, wovon mich wiederholtes Studium überzeugt hat,
doch wohl eher vor dem großen Toledaner Haupt-
werk entstanden. Nicht zuletzt die Art der Schatten-
behandlung und der Modellierung der Hände
offenbaren den Stil Grecos eher der früheren als
der späteren achtziger Jahre. Neben dieser edelsten
Malerei, dieser Komposition von monumentalster
Gesinnung können begreiflicherweise selbst sehr
tüchtige flämische Arbeiten des 16. und 17. Jahr-
hunderts nicht leicht bestehen. Ein von unten her
etwas verkürzt gesehener Mädchenkopf steht der
Art des älteren Pourbus am nächsten. Man sieht in
der Sammlung ein für Cornelis de Vos sehr cha-
rakteristisches Bildnispaar, ein vorzügliches großes
holländisches Familiengruppenbild, dessen Autor
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PARIS, SAMMLUNG BERAUDIERE
DIE GEMÄLDE DER SAMMLUNG COMTESSE
DE LA BERAUDIERE
VON AUGUST L. MAYER
Wenn man in Frankreich ebenso wie in allen
anderen europäischen Ländern die traurige Beob-
achtung machen kann, daß die Abwanderung der
Kunstschätze nach Amerika größer ist als der Auf-
bau neuer bedeutender Sammlungen, so fehlt es
glücklicherweise doch auch in Paris nicht an Kunst-
freunden, die den alten Besitz zu wahren und zu
mehren versuchen. Nicht zuletzt hat die Gräfin
de la Beraudiere — getreu der Tradition dieser als
Sammler gerade im 19. Jahrhundert bekannt ge-
wordenen Familie — durch eine Reihe von bedeu-
tenden Erwerbungen ihrer Sammlung sozusagen ein
ganz neues Gesicht verliehen. Das Glanzstück der
Kollektion ist die rasch berühmt gewordene Be-
weinung Christi des Greco (Abb. S. 278). Dieses
voll signierte, große Bild, das ich früher einige Jahre
nach dem Begräbnis des Grafen Orgaz datiert habe,
ist, wovon mich wiederholtes Studium überzeugt hat,
doch wohl eher vor dem großen Toledaner Haupt-
werk entstanden. Nicht zuletzt die Art der Schatten-
behandlung und der Modellierung der Hände
offenbaren den Stil Grecos eher der früheren als
der späteren achtziger Jahre. Neben dieser edelsten
Malerei, dieser Komposition von monumentalster
Gesinnung können begreiflicherweise selbst sehr
tüchtige flämische Arbeiten des 16. und 17. Jahr-
hunderts nicht leicht bestehen. Ein von unten her
etwas verkürzt gesehener Mädchenkopf steht der
Art des älteren Pourbus am nächsten. Man sieht in
der Sammlung ein für Cornelis de Vos sehr cha-
rakteristisches Bildnispaar, ein vorzügliches großes
holländisches Familiengruppenbild, dessen Autor
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