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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0318

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J. B. PERRONE AU. MÄNNLICHES BILDNIS (M. MIRON?)
PARIS, SAMMLUNG BERAUDlfiRE

DIE DÜRER-AUSSTELLUNG IM GERMANISCHEN MUSEUM, NÜRNBERG

Der Gesamteindruck der bedeutenden und würdi-
gen Gedächtnisausstellung wird beherrscht von dem
schneidenden Kontrast: Nürnberger Altarmalerei
der Spätgotik — Albrecht Dürer. Eine Weltwende
trennt die mit mächtigen Wandelaltären und ragen-
den Flügeltafeln überreich gefüllten Säle der Nürn-
berger Spätgotiker von dem großen, zunächst fast
karg und nüchtern wirkenden Dürer-Raum, in dem
bescheidene Bildformate überwiegen. Dort als
oberste Einheit der Altar, bei dem Mal-, Schnitz-
und Schreinerwerk zu polyphoner Wirkung zusam-
mengestimmt sind, — hier als vorderste Aufgabe
das selbständige, in sich geschlossene Bild. Es
ist kein Zufall, daß Dürer beim Aufbau seiner
Altäre — später ging er diesem Hauptthema der
altdeutschen Kunst überhaupt aus dem Wege —
sich bewußt von dem deutschen Schema der Altar-
anordnung abkehrt, italienische Altarrezepte auf-
nimmt, ja bei seinem Paumgärtner-Altar, allerdings
auf eine unerhört kühne, trotzig geniale Art das
organische Bildungsgesetz des deutschen Flügel-
altars vergewaltigt und zerbricht. Zwar wird durch
die schroffe Gegenüberstellung der vordürerischen

Altäre Nürnbergs und der Malwerke Dürers die
ungeheure entwicklungsgeschichtliche Tat Dürers ein-
drucksvoll vor Augen geführt, aber ich zweifle,
ob die an sich dankenswerte Vereinigung der
Altarwerke Wolgemuts und seiner Zeitgenossen
die Erkenntnis der Dürerschen Frühzeit wesentlich
fördern wird. Denn der junge Dürer hat die heimat-
lichen Bindungen rasch durchbrochen. Durch eine
knappe, aber kennzeichnende Vertretung der Kunst
Schongauers, des Hausbuchmeisters und Jacopo de
Barbaris, die auf der Ausstellung wohl möglich ge-
wesen wäre, hätte sich bestimmt ein reicheres Ge-
samtbild der für den jungen Dürer wesentlichen Bil-
dungselemente zeichnen lassen. Jetzt nimmt auf der
Ausstellung die Nürnberger Malerei der Spätgotik
einen so umfänglichen Raum ein, daß sie die reine
Wirkung des Dürerschen Werkes fast beeinträch-
tigt, zumal die auf Fernsicht berechneten, die zu
kleinen Museumsräume schier sprengenden Altäre
von dem Beschauer eine völlig andere Einstellung
verlangen, als die für Nahsicht bestimmten Mal-
werke Dürers. Der hohe kunstgeschichtliche Wert
dieser Ausstellung liegt nicht so sehr in der Her-

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