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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0156

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HAM AN VOR AHA SV EROS; DIE KÖNIGIN AUF DEM
WEG ZUM KÖNIG

ESTHER UND HAMAN; ESTHER UND AHASVEROS;
DAS KÖNIGSPAAR UND DER SCHLAFENDE HAM AN;
DER TOD HAMANS

Briefe mit dem Befehl, die Juden des Landes zu
töten (Esther, Kap. 3, V. 12). Esther hört von diesem
Plan und entschließt sich, zum Könige zu gehen; die
zweite Szene zeigt die Königin mit einer Bedienten
auf dem Wege zu ihrem Gemahl, um bei ihm für
die Juden zu bitten (Kap. 5, V. 1) '). Der Königneigt
ihr das goldene Zepter zu, zum Beweise seiner gna-
denvollen Gesinnung (Kap. 4, V. 11), und hört ihren
Wunsch an, er und Haman mögen am nächsten Tage
zu ihr zu Tische kommen. Der König befiehlt den
im Hintergründe stehenden Dienern, Haman zu
benachrichtigen (Kap. 5, V. 4 und 5). Das zweite
Feld (Abb. S. 132) beginnt mit der Nachtwache des
Königs, in der er sich aus der Chronik vorlesen läßt
(Kap. 6, V. 1); er erfährt daraus, daß Mardochai, der
Oheim Esthers, ihm einst das Leben gerettet hat, ohne
belohnt worden zu sein. Haman wird befragt, wie
der König wohl einen Treuen ehren könne (Kap. 6,
V.6). Haman kniet vordem König nieder und schlägt
die Ehrung vor, die das folgende Bild zeigt: Mar-
dochai reitet, von Haman geführt, auf des Königs
Roß und in des Königs Gewändern durch die
Straßen der Stadt (Kap. 6, V. 7—9, 11).
In der ersten Szene des dritten Feldes (Abb. S. 134),
der sechsten der gesamten Reihe, bittet Haman die
Königin mit gerungenen Händen um sein Leben
(Kap. 7, V. 7); also keine Bedrohung, sondern ein

1) Vgl. auch die apokryphe Schrift ,,Stücke zu Esther“, Kap. 4.

bittendes Falten der Hände. Der König ist „aus dem
Garten am Hause in den Saal“ zurückgekehrt und
über die Erzählung seiner Gattin von Hamans bösen
Absichten voll Entrüstung. Diese steigert sich zu
hellem Zorn, als er Haman (im nächsten Bild) auf
dem Lager der Königin schlafend findet (Kap. 7,
V. 8): „Will er auch der Königin in meinem Hause
Gewalt antun!“ Schließlich erteilt der König den
Befehl, Haman zu hängen. „Also hängte man Ha-
man an den Baum. Da legte sich des Königs Zorn.“
In wortgetreuer Ausdeutung liegt Haman, an der
brokatenen, dunkel gesäumten Kleidung wieder zu
erkennen, unter einem Baum.
Bemerkenswert ist, daß das in der Esthergeschichte
als Exposition so wichtige Motiv vom Ungehorsam
der ersten Frau des Königs hier übergangen ist. Nur
die Geschichte der demütig ergebenen Königsgattin
und der Lohn dieser Tugend ist einbezogen: ein
Motiv, das als Gegenstand einer moralisierenden
Brauttruhenmalerei durchaus verständlich ist. Da-
mit ist das ikonographische Rätsel des Cassone ge-
löst. — Der Schöpfer der Truhe ist vermutlich ein
tüchtiger Werkstattgenosse des Giovanni di Paolo
um die Mitte des Quattrocento. Er erweist sich in
der Art der perspektivischen Wiedergabe der Ge-
bäude, der Freude an der Darstellung von Einzel-
heiten, in der Behandlung der Gewänder, in der
Anordnung der Figuren vor dem Hintergrund als
echter Sienese.

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