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Pantheon — 1.1928 = Jg 1.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.57094#0262

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SILBERARBEITEN VON. ADAM VAN VIANEN

Dieses stilistische Vorauseilen Adams van Vianen,
verbunden mit der Tatsache, daß sein Sohn Chri-
stian die Entwürfe des Vaters erst ein Vierteljahr-
hundert nach dessen Tod herausgab, haben veran-
laßt, daß in der Einleitung des Neudrucks der „Mo-
dell! artificiosi“ (Haag 1892) diese Entwürfe einem
um 1595 geborenen Adam II van Vianen zugeschrie-
ben worden sind. Das ist, obgleich P. Jessen (Der
Ornamentstich, 1920, S. 189) sich dem anschloß,
eine chronologische Unmöglichkeit, denn Christian,
der 1628 Meister wurde, konnte nicht der Sohn
Adams II sein, der damals selbst erst das meister-
fähige Alter erreichte. Da Christian die Meister-
marke seines Vaters Adam I weitergeführt hat (vgl.
Ros. 3, 7711 B und 7721) und die Stempelung des
jüngeren Adam nicht feststeht, macht die Unter-
scheidung ihrer Silberwerke einige Schwierigkeiten.
Von einem Meister, der so entscheidend in die Stil-
entwicklung seines Handwerks eingegriffen hat wie
Adam I van Vianen, haben aber alle ausgeführten
Arbeiten erhebliche Bedeutung, namentlich solche,
für die die jüngeren Familienmitglieder nicht in Be-
tracht kommen.
Das Schloßmuseum in Berlin bewahrt gegenwärtig
zwei bezeichnete und unanfechtbare Silberstücke des
Meisters; ein Salzfaß als Leih-
gabe aus Privatbesitz (Samm-
lung Marg. Oppenheim, Ber-
lin) und eine vergoldete Was-
serkanne als neuere Erwer-
bung (Ankauf von J. Rosen-
baum, Frankfurt a. M.).
Das dreiseitige Salzfaß, aus
Weißsilber leicht und flott ge-
trieben (h. 17,5 cm) mit dem
Utrechter Beschau, dem Mei-
sterstempel Adams I und dem
Jahresbuchstaben R für 1612,
liegt vor der Zeit Christians
und Adams II; es gewährt die
Möglichkeit, das Werk und
die Zeichnung zu vergleichen
(Abb. S. 232 und 234). Man
sieht, daß die Radierung weiter
ins Barock hineinreicht als das
Silberstück mit den aufrechter
sitzenden Nereiden und ein-
facherem Salznapf an Stelle der

breiteren, am Rand gewellten Schale der Zeichnung.
Der unzweckmäßige Aufsatz über dem Salznapf ist
fortgelassen, weil die für den Ornamentstich arbeiten-
den Künstler demgeduldigeren Papier häufig Zutaten
anvertraut haben, die für die Praxis kaum in Betracht
kamen. Man darf dem Vergleich entnehmen, daß der
Meister die Zeichnungen in seinen späteren Jahren
gemacht hat, als er über die Stilstufe seiner älte-
ren Silberwerke schon hinausgeschritten war. Die
vergoldete Kanne (Abb. S. 233) mit demselben
Beschau und Meisterstempel wie das Salzfaß, steht
der Renaissance noch näher; nur auf dem Fuß und
in der aparten Schweifung des Ausgußschnabels
melden sich die weichen Formen des späteren Knor-
pelstils. Die hängenden Tücher, Bänder, Girlanden
und Muscheln sind Renaissancemotive und auch
die Krebse sind an holländischen Silberfassungen
von Nautiluspokalen schon im 16. Jahrhundert nach-
weisbar. Da die Gruppe der beiden Tritonenkinder
unter dem Ausguß, die um den Kannenhals sich
windenden Aale, die Meerschnecken oben am Rand
mit Treibarbeit nicht ausführbar waren, ist die ganze
Kanne gegossen. Die Ziselierung ist so meisterhaft
vollendet, daß der den Henkel bildende Triton
lebhaft an die goldene Nereide erinnert, die Paul
van Vianen 1608 für Kaiser Ru-
dolf II. als Fassung einer Achat-
kanne im ehemaligen Wiener
Hofmuseum (J. v. Schlosser,
Album 1901, T. 33) ausgeführt
hat. Auch die Tritonenkanne
ist wohl noch im ersten Jahr-
zehnt des 17. Jahrhunderts ent-
standen; denn bei der Kanne
im Amsterdamer Museum aus
dem Jahr 1614 (Pit, Goud-
en Zilverwerk, T. 28) ist die
renaissancemäßige Eiform be-
reits von den Flachreliefs des
Knorpelstils umhüllt. Steht so-
mit die Tritonenkanne am An-
fang der erhaltenen Silberar-
beiten Adams van Vianen, so
ist es begreiflich, daß sie in die
„Modelli artificiosi“, die den
neuen Stil zeigen und verbrei-
ten sollten, nicht aufgenom-
men worden ist. Falke


ENTWURF ZUM SALZFASS AUF S. 232
RADIERT VON TH. VAN KESSEL

234
 
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