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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Heinrich Tessenow
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0107

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dem ein Gcfühl für Einfachheit und Ruhe sich im
Bauwesen durchzusetzen beginnt, tritt erst daö Grund-
problem heraus: das Bauwerk in die Natur richtig ein-
zusetzen. ' Zwar wird darüber viel geschrieben; aber noch
immer ist wenig daran gcändcrt, daß die neuen Bau-
werke meist schlecht in der Landschaft stehen, die alten
abcr gut. Wer daö recht erkennen will, sahre an der
Bergstraße vorbei; da stehen zusammengedrängt vielleicht
mehr gute moderne Landhäuser alS irgendwo sonst in
Deutschland, und doch sieht alleö wie eine Spielschachtel
aus. Dieses Haus von Testenow aber, am Abhang
neben einer Straßenkehre gedacht, steht mit seinen ein-
sachen Formen vorbildlich da.

Wer die sorgsältige Zeichnung der seltsam schönen
Laube prüst, wird daran eine Merkwürdigkeit erkennen,
die sür Testenow bezeichnend ist. Wo die Balken sich
fügen, sind sie rechtwinklig behauen, danach aber werden
die Kanten nach Iimmcrmannöart gestoßen, jedoch nicht
scharf sondern rund bearbeitet, wodurch die weiche Form
von alten Hölzern ohne Altmodelei erzielt wird. Diese

weiche Rundung überträgt er in der Skizze zu einem
Brunnen auch aus den Stein, und hat Glück dabei.
Wer scine Konsequenz darin übersehen will, muß in
den „Zimmermannsarbeiten" (Verlag Waetzel, Freiburg),
darauö die Laube genommen ist, seine Detailö durch-
prüfen. (Leider sind i» dcn vicr Hestcn dieseö Werkeö
auch noch andere Architekturen zu Wort gekommen;
von Tessenow allein gezeichnet, wäre es ein Muster-
wcrk.)

Diese Laube mag hier zugleich sür die Ursprünglich-
keit seiner Einfälle zeugen; es dürfte schwer sein, ihr —
wie leider den meisten modernen Entwürfen — ein
Vorbild nachzuweisen. Bei dem Landhaus an der
Ruhr ist der englische Einschlag zwar unverkennbar;
aber selbst darin wird die genaue Prüsung der Einzel-
heiten seine Selbständigkcit ergeben. Unlcugbar aber
ist die Vornehmheit seines Geschmacks, der jedes Detail
wie auf der Goldwage wiegt. Mit den einsachen
Mitteln wirkt der Eingang zu seinem Schaffnerhaus
wie einem Herrensitz zugehörig. Was in dieser
 
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