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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 6
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Schaller, Hans Otto: Friedrich Keller
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0204

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Friedrich Keller! Flußbaggerer (>87?).

bekümmerte. Die Selbstverftändlichkeit, mit dcl- stch ihm wic so Vielen im 19. Iahrhundert, die
in gleichem Sinne an die Landschaft herangingen, die neue Malerei, lange ehe sie in die All-
gemeinheil gedrungen, quasi von selbft ergab, ist immer wieder eine Tatsache von großem ent-
wicklungSgeschichtlichem Intereffe und ein bedentsamer Beleg für die immanente Notwendigkeit ent-
wicklungSgeschichtlichen GeschehenS. Schon auS dem Iahre 1872 finden fich unter diesen LandschaftS-
impresfionen verschiedene Studien, zunächft ohne figürliche Staffage, in denen er der farbigen
Schönheit und dem schwermütigen Ernst der Steinbruchlandschaft nachgeht. In Motiven aus den
Steinbrüchen bei Polling beschäftigt ihn zum erftenmal daS Thema, das späterhin die wichtigste
Rolle in seiner Kunft spielen sollte.

Mit derselben naiven Frische ging Keller auch an die figürliche Malerei, die immer sein Haupt-
intereffe besessen hatte. DaS erzählerische Elemcnt trat bei ihm trotz seiner Vorliebe für gegen-
ftändlich intereffante Stoffe fürS erste noch durchaus zurück hinter der reinen Freude an der Er-
scheinung. Die gleich zu Anfang der fiebziger Iahre entftandenen „diskutierenden Bauern" erreglen
deShalb bei ihrer Ausstellung im Münchner Kunftverein in gleicher Weise die Bewunderung der
Kunftfreunde und des Publikums, bei jenen durch die schlagende Einfachheit der Figurendisposition
und die breite, eminent tonschöne und formensichere Malerei, bei diesem durch die pointierte Witzigkeit
der dargeftellten Typen. Für Keller bedeutete der Ankauf dieser schnapötrinkenden „Dorfpolitiker" durch
Defregger eine schöne Anerkennung. Wer dessen Interieur von 1875 auf der Iahrhundert-Aus-
stellung gesehen hat, weiß, waS für ein ausgezeichneter Maler der Defregger von damals sein konnte,
sobald er ftch vom Erzählerischen freihielt. Dagegen war er als der Autor vielfiguriger Genrebild-
erzählungen durchauS kein wünschenswerteö Vorbild. Und es lag nur zu nahe, daß Keller den-
selben Weg vom Maler zum Malerilluftrator einschlug.

Merkwürdigerweise war es nicht seine spezifisch malerische Begabung, die ihn vom Genrebild
rettete, sondern sein Trieb zur Malerei „großen Stils", die schon immer das höchfte Ziel seiner
Wünsche gewesen war. Dadurch erklärt sich auch die schwer begreifliche Tatsache, daß er nach solchen
Proben eines ausgezeichneten Könnens abermals alö Lernender in die Münchener Akademie eintrat.

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