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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Rheinische Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0106

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Abb. 6. Wilhelm Gcrstel: Hebel-Denkmal in Lörrach (Baden).

er allein vermöchte doch nicht, ihm die sichere Haltung zu
geben; er muß noch sozusagen einen Gegenpart haben,
und den glaube ich eben in der drolligen Form zu finden,
in der die Füße in den Steigbügeln mit den herabhangen-
den Absätzen aufgestellt sind. Es kann kein Zufall sein,
daß die eigentümliche Schräge der Stiefelsohlen, die
ausgezeichnet mit der geschwungenen Bauchlinie geht,
durch den Herrscherstab genau wiederholt wird. Sie
ist mit sicherem Jnstinkt gewählt, so sehr, daß sich der
Eindruck des ganzen Standbildes von hier aus zu bestim-
men scheint. Der Künstler ist gewissermaßen von der
schwierigen Stelle ausgegangen, statt sie wie die meisten
andern als einen Rest zu finden, der sich dann nachher
nicht mehr erledigen läßt.

Was im übrigen den architektonischen Aufbau des
Denkmals betrifft, wird nicht nur empfindlichen Augen
auffallen, wie merkwürdig verschieden Sockel und Figur
dastehen. Der Reiter ist eben nur der Rest einer groß
geplanten Anlage, die notdürftig auf einen Sockel
reduziert wurde und später diese Form erhielt. Trotz-
dem ist eigentlich kein Mißverhältnis da, und wie
Denkmal und Sockel mit dem dahinterstehenden alten
Rathaus zu einem Dreiklang von Barock, Iopf und

Empire zusammenklingen: das gehört'entschieden zu
den reizvollsten Stadtbildern am ganzen Rhein.

*

*

Wie für das Reiterdenkmal in diesem Kurfürsten
Grupellos*, besitzt das Rheinland auch für das Stand-
bild ein bedeutendes Vorbild in den beiden Land-
grafendenkmälern von I. B. Scholl in Darmstadt
(Abb. 4 und 5). Sie stammen merkwürdigerweise aus
der Mitte des 19. Jahrhunderts, also aus einer Zeit,
in der die Bildhauerei in Deutschland nicht gerade auf
stattlicher Höhe stand. Freilich scheinen sie auf den
ersten Blick einer früheren Zeit anzugehören, das über-
reiche Iierwerk zu Füßen der Landgrafen möchte man
eher in die Zeiten Grupellos als in das 19. Jahrhundert
einstellen. Doch wird man es als einen Bestandteil im
historischen Kostüm der Dargestellten betrachten müssen,
das dem Künstler die Standfestigkeit seiner Sandstein-
figuren ermöglichen mußte.

Wie beim Reiterdenkmal die Beine des Reiters,
bilden sie auch beim Standbild die eigentliche Schwierig-

Gabriel von Grupello, geb. in Grammont (Belgien), lebte
von 1644 bis 1710. Das Denkmal wurde um 1730 vollendet.

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