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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0028

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33

1891.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 1.

34

Fenster an ihrer inneren Kante umzogen, und
zwar sind die Krabben abwechselnd weifs und
roth, die letztem, wie alle Ornamente weifs
konturirt. Figur 1 und 2 giebt eine Ansicht der
südlichen Langwand und der Westgiebelwand,
welche die Disposition der ganzen Bemalung
zeigt. Zwischen den mit dem Krabbenmotiv
umrahmten Fenstern (Figur 9, Profil und Orna-
ment) sind auf die Wandfläche der Südseite noch
fensterähnliche Motive aufgemalt, welche Figur 6
und 7 in gröfserem Mafsstab darstellt. Die Mo-
tive sind der Architektur entlehnt, aber durch-
aus frei gehandhabt; die zweitheiligen, in der
Mitte von Zierbögen und Ziergiebeln durch-

herauszuwachsen und sind eingefafst mit Krabben-
linien, welche oben wieder in Giebeldreiecken
zusammenlaufen. Diese Kreuzdekoration ist nicht
mehr ganz verständlich und weckt die Ver-
muthung, dafs auch Figur 5 links vom Fenster
trotz der fortlaufenden Quadratur und der Auf-
setzung der untersten Krabben auf derselben
einst nach unten irgend eine Fortsetzung, viel-
leicht in einem Skulpturwerk gefunden haben
dürfte; bei der Figur 3 rechts vom Fenster sind
noch Ansätze einer gemalten, wieder fenster-
artigen Fortsetzung zu erkennen. Von der Vor-
derwand, welche im übrigen gleiche Behandlung
zeigt wie die südliche, verdiente eine eigene

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Figur 2: Bemalung der West-Giebelwand.

zogenen fensterartigen Gebilde schliefsen nach
oben nicht im Spitzbogen, sondern ihre Mafs-
werkkrönung überdacht ein mit Krabben be-
setzter Wimperg mit einer Kreuzblume auf der
Spitze. Diese Fensterwimperge sind sicher sehr
frühe Erscheinungen in Deutschland und könn-
ten, wie so manches andere in dieser gemalten
Formenwelt, auf die Vermuthung französischer
Einflüsse führen. Ganz eigenartig ist die West-
wand (Figur 2) ausgestattet. Sie ist fensterlos und
ward nun ziemlich hoch oben mit einem ge-
malten, dreitheiligen, ebenfalls mit Wimperg ab-
schliefsenden Fenster dekorirt (Figur 4). Rechts
und links von diesem Fenster aber erblicken
wir zwei eigenthümliche, nicht ganz gleiche, son-
dern hübsch variirte, sehr zierliche Kreuzformen,
welche aus geschwungenen Linien gebildet sind;
sie scheinen aus Thurmgiebelchen als Krönung

Aufnahme die aufserordentlich schöne, gemalte
Fensterrose (Figur 8) mit ihrer eleganten Krab-
benumsäumung und Lilienkrönung, — wie alle
Ornamente auf das accurateste gezeichnet, weifs
konturirt und roth gemalt.

Nun beachte man zunächst die hier zur Ver-
wendung gebrachten Dekorationsmotive. Wir
sind nach und nach dahin gekommen, dafs wir
sowohl bei Glasmalereien als für die Wand-
bemalung architektonische Motive eher wider-
rathen, als empfehlen. Der Grund liegt darin,
dafs diese Motive lange Zeit hindurch verfehlt
angewendet wurden. Man schien mit ihnen
Illusionskünste treiben zu wollen; man gestaltete
sie in der Wand- und Glasmalerei plastisch,
körperhaft, steinern oder hölzern, anstatt sie
erst in die feinere Formensprache der Malerei
zu übersetzen. Man sieht auf den ersten Blick,
 
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