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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0211

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311

1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 10.

312

Dieser ganz geschlossene Raum war nur von
oben durch eine in der gewölbten Decke (dem
Sakristeifufsboden) angebrachte 1 gm grofse und
mit Steinplatte verschlossene Oefmung aus zu-
gänglich, und mag als schauerliches Kloster-
gefängnifs, wahrscheinlicher in den damaligen
unruhigen Zeiten als sicheres Versteck der
Klosterschätze gedient haben.8)

Zu erwähnen bleibt uns schliefslich noch
der Kreuzgang, welcher sich, wie wir bereits
mittheilten, auf jäh abfallender Felsenschlucht
gegründet, dem hohen Schiff in ganzer Länge
als kühner Stützbau anschliefst. Westlich mün-
dete der schwer-massive Kreuzgang in die ehe-
malige Kirchenvorhalle aus, südlich führt er nach
dem schon durch die grofsen Fensterbogen
zu erblickenden romantischen traulich-kleinen
Klosterfriedhof, und weiter nach dem mit im
Schweizerstil erbautenRestaurationsgebäuden be-
setzten Gesellschaftsplatz — ein sehr beliebtes
Ausflugsziel— auf dessen vorderstem, auf jähem
Felsabhange liegendem Theile sich ein köst-

8) Moschkau »Oybin-Chronik« S. 120.

licher Ausblick in das schnurgerade gegen Zit-
tau hin sich öffnende, liebliche Oybiner Gebirgs-
thal darbietet.

Die Lichtlänge des Kreuzganges beträgt
19,5 m, seine Breite ca. 4,10 m und wird er
durch die zwei mittleren Schiffsstrebepfeiler in
drei unterschiedlich grofse Theile zerlegt, welche
mit verschieden gelösten Kreuzgewölben, von
denen indefs nur noch einige Rippenanfänger
vorhanden sind, überspannt waren. Jede Ab-
theilung des Kreuzganges wurde durch je zwei
schlichte Fenster beleuchtet, welche alle ca.
2,20 m lichte Höhe haben, indefs bezüglich der
Lichtbreite sämmtlich verschieden sind. Wäh-
rend die beiden mittleren je 1,45 m breiten
Fenster nur durch einen kleinen 70:80 cm
starken Pfeiler getheilt sind, werden das erste
und zweite Fenster, welche je 2,75 m breit
und das fünfte und sechste, welche nur 2,10 m
breit sind, durch kolossale, 1,2:1,5 m starke
Zwischenstrebepfeiler voneinander getrennt, wel-
che zur Schubaufnahme einer Querrippe bezw.
zweier Diagonalrippen dienten.

Höxter. Alfred Schubert.

Spätgothische Reliquienkreuze.

s findet sich in den katholischen
Kirchen Ost- und Westpreufsens,
selbst in den Landkirchen, eine ver-
hältnifsmäfsig grofse Anzahl kost-
barer Reliquienkreuze, welche nicht nur der
Beutelust raubgieriger Krieger, zumal in den
für die Werke der Kunst so verhängnifsvollen
Schwedenkriegen, sondern auch dem fast noch
gefährlicheren Zerstörungskriege der modernen
Kunstrichtung glücklich entgangen sind. Während
die kostbaren gothischen Kelche und die noch
kostbareren thurmartigen Monstranzen wegen
ihrer wirklichen oder vermeintlichen Unhand-
lichkeit nur zu oft in den Schmelztiegel wandern
mufsten oder doch „in meliorem formam" .um-
gearbeitet wurden, so dafs sich nur wenige Pracht-
exemplare bis in unsere Zeit herüber gerettet
haben, behandelte man die Reliquienkreuze
mit mehr Schonung, vielleicht eben deshalb,
weil der Vorwurf praktischer Unbrauchbarkeit
sie viel weniger treffen konnte. In den »West-
preufsischen Bau- und Kunstdenkmälern« sind

bereits einige dieser Prachtkruzifixe v&röffent-

Mit Abbildung.

licht und beschrieben worden; andere werden
ohne Zweifel noch folgen, und auch die Reli-
quienkreuze der ermländischen Kirchen werden
nicht lange mehr verborgen bleiben, da eine
Herausgabe auch der ostpreufsischen Kunst-
denkmäler mit denen des Samlandes schon be-
gonnen hat. (Königsberg 1891, Teichert.) Erst
wenn dies geschehen, wird es möglich sein,
eine ästhetisch und kunsthistorisch gründliche
Würdigung dieser eigenartigen Kunstschöpfungen
zu unternehmen. Hier mögen, in Anschlufs an
die Beigabe Sp. 317/18 nur einige wenige Beob-
achtungen und Gedanken folgen.

Selbstverständlich kann hier nur von Reli-
quienkreuzen gothischen Stiles die Rede sein;
denn als in dem für die deutsche Kultur er-
oberten Osten die Kunstthätigkeit begann, war
der romanische Stil schon dem gothischen ge-
wichen. Höchstens hätte sich in dem noch in
der romanischen Periode angelegten und be-
gonnenen Cisterzienserkloster Oliva bei Danzig
manches Werk romanischer Kleinkunst vor-
finden können, wenn nicht die vielen Brände
 
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