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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0044

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55

181)1. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. '2.

50

Silberschale des XIV. Jahrh. im Privatbesitz zu Köln.

Mit 2 Abbildungen.

obenswerth, ja bewunderungswürdig
ist die hier sowohl von oben wie
von der Seite abgebildete Silber-
Jim^ schale nicht nur in Bezug
auf die Zeichnung, sondern
auch in Bezug auf die Aus-
führung, in ihren getriebe-
nen wie in ihren gravirten
Theilen, ein ebenso ein-
faches als vornehmes, dazu
für diese frühe Zeit äufserst seltenes Tafelgeräth.
Denn so häufig solche flache Schalen aus der
Renaissanceperiode begegnen, so spärlich haben
sie sich, zumal in Metall, aus dem Mittelalter
erhalten. Aus der Sammlung Stein in Paris ist
sie vor Jahresfrist in die des Freiherrn Albert
von Oppenheim zu Köln übergegangen. Sie
hat eine Höhe von 131/, cm, der sechseckige
Fufs hat 20 cm, die runde Kuppe 28 cm im
Durchmesser. Die Kuppe ist mit ihrem stern-
förmigen Medaillon aus einer Platte getrieben,
der Untersatz aus drei getriebenen Theilen
zusammengesetzt: aus dem gebuckelten Stern,
dessen Gröfse genau der des Medaillons ent-
spricht, aus dem nach unten ebenfalls in sechs
Buckeln sich erweiternden Trichter und aus dem
profilirten Rande, dessen sechs Ecken je ein
Kügelchen schmückt. Wie in der Zusammen-
setzung, so waltet in der Verzierung die höchste
Einfachheit und gerade ihr ist die überaus vor-
nehme Wirkung der Schale, die sie auch für
die Nachbildung 'etwa als Fruchtschale oder
sonstiges Tafelgeräth) besonders empfiehlt, in
erster Linie zuzuschreiben. Der untere Rand
ist mit einem eingeschlagenen Rosettchen ver-
ziert, wie sie an den kirchlichen Gefäfsen um
die Wende des XIV. Jahrh. so häufig begegnen.
Die sechs unteren birnförmigen Buckeln kom-
men durch die vermittelst des Trambulirstichels
bewerkstelligte Aufrauhung des Grundes um so
besser zur Wirkung und die aufgelötheten lang-
gezogenen Kreuzblumen, welche sie scheiden,
wahren den Zusammenhang mit der Kuppe;
denn sie erscheinen als Ausläufer der die Unter-
seite derselben schmückenden sechs Buckeln.
Die Spitzbögen, welche dieselben bekrönen und
zu einem Sechspasse sich zusammensetzen, gehen
als breite, wenig vertiefte Hohlkehle in die flache
und glatte Kuppe über, deren äufserer Rand

ein eigenthümlicher eingravirter Bogenfries um-
zieht. Ganz glatt ist der innere Kuppenrand,
bis er durch eine flache 1/2 cm hohe Kehle in
das Medaillon übergeht, welches in der Reiter-
figur zu einer Ausladung von stark 2 cm sich
erhebt. Dieses sternförmig ausgebildete Me-
daillon ist ein Meisterstück der Treibtechnik.
Die kleinen Rosetten, welche die ringsumlaufende
Hohlkehle in unregelmäfsiger Wiederholung ver-
zieren, sind von der Rückseite eingeschlagen,
das über ihnen sich hinziehende Rundstäbchen
besteht in einem aufgelötheten Drahte, während
die Ranke, die kreisförmig zu der inneren Hohl-
kehle überleitet, durch den Hammer bewirkt ist,
mit dem reichgegliederten, überaus fein stilisir-
ten Blattwerk, dessen jedesmaligen Mittelpunkt
der langgestreckte Löwe bildet. Ihm liegt über-
all dieselbe Zeichnung zu Grunde und fast ver-
schwindend sind die kleinen Verschiedenheiten,
welche die nothwendige Folge der Handtechnik
sind. Der gewundene Draht, welcher das runde
Medaillon, zunächst den es umgebenden Zwölf-
pafs, umsäumt,-ist aufgelöthet, wie dieser selbst.
Die Reiterfigur, welche auf dem prachtvoll dra-
pirten Pferdebehang wie auf dem die Brust
deckenden Dreieckschild ebenfalls den fliegen-
den Löwen, auf dem Helme als ihn bekrönende
Figur einen Rumpf zeigt, ist mit vollendeter
Bravour herausgetrieben. Ihre Wirkung wird
noch gesteigert durch die mit dem Trambulirr
Stichel überall bewirkte Schraffirung des Grun-
des, welche das glatte Figuren- und Ranken-
ornament um so stärker zur Geltung bringt.
In dem Medaillon wird diese Schraffirung nur
durch die Devise „obirepericulis" unterbrochen,
von der aber nähere Bestimmungen in Bezug
auf die Persönlichkeit des kühn anstürmenden
Ritters, der ohne Zweifel ein Dynast war, nicht
zu erwarten sein dürften. Das Medaillon erinnert
in seiner ganzen Behandlung mit Einschlufs des
Zwölfpasses an die Reitersiegel des XIV. Jahrh.,
von denen eines in dieser Zeitschrift (I. Jahrg.
Sp. 209/210) abgebildet und beschrieben ist. Die
stilistische Behandlung des scharf geschnittenen
Blattwerks wie einiger figürlicher Parthien macht
es wahrscheinlich, dafs unser Reliefbild und
mit ihm die Schale, die es schmückt, kurz vor
dem Ausgange des XIV. Jahrh. in Frankreich
entstanden ist. Sehn tu gen.
 
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