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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0038

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1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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Seligenthal bei Siegburg.

Die älteste Franziskanerkirche in Deutschland.

Mit 8 Abbildungen.

ngefähr in der Mitte zwischen Sieg-
burg und Hennef, auf dem rechten
Ufer der Sieg, liegt in einem engen
Thale, welches von dem Wahnbache
durchflössen wird, Kirche und Kloster Seligen-
thal. Die Stiftung derselben wird Mangels ge-
nauerer urkundlichen Nachrichten auf Grund
des noch vorhandenen Klostersiegels, welches
den guten Hirten darstellt und aufser der Um-
schrift: Sigillum Guardiani vallis foelicis, die
Zahl 1231 trägt, diesem Jahre zugeschrieben.
Wenn nun auch der ganze Charakter des Siegels
keinen Zweifel darüber läfst, dafs dasselbe jener
Zeit nicht angehören kann, sondern um etwa
vier Jahrhunderte jünger ist, so ist die Angabe
des Siegels doch insofern nicht ohne VVerth,
als sie bekundet, dafs im Kloster die im Jahre
1231 erfolgte Gründung traditionsmäfsig fest-
gehalten wurde.1) Es liegen aber auch weitere
Anhaltspunkte vor, welche jeden Zweifel an
dieser Zeitstellung auszuschliefsen geeignet sind.
Dieselben sind geschichtlicher wie baulicher Art.
Der hl. Franziskus von Assisi, geboren 1182,
gestorben 1226, gründete im Jahre 1209 den
Orden der Fratres minores, der im Jahre 1223
durch Papst Innocenz III. bestätigt wurde. Schon
früher, im Jahre 1216, hatte Franziskus vom
Generalkapitel von Assisi aus den P. Joannes
de Penna mit sechzig anderen Brüdern nach
Deutschland geschickt. Da sie der deutschen
Sprache aber zu wenig mächtig waren, hatte ihr
Wirken nur geringen Erfolg; die meisten kehrten
nach Italien zurück, einzelne aber kamen 1217
nach Hildesheim und gründeten dort ein Kloster.
Auch in Köln findet sich schon 1220 ein Fran-
ziskanerkloster in Sion, unweit der Severins-
kirche. Dieses Kloster Sion soll im Jahre 1219
durch Mechtildis von Sayn gegründet worden
sein, dieselbe Gräfin, auf welche die Gründung
von Seligenthal zurückgeführt wird. In einer
Urkunde vom 23. September 1600, durch welche
Johann Wilhelm, Herzog von Jülich-Cleve-Berg,
dem Kloster Seligenthal die von seinen Vor-
gängern dem „lieben andachtigen Guardian und
Convent in Seligendall, Minoriter - Ordens in
unserm Ambt Blankenberg gelegen, verliehenen

!) Der noch ziemlich strenge Charakter der Figur
des guten Hirten läfst es möglich erscheinen, dafs die-
selbe nach einem altern Bilde kopirt ist.

Gifften, Gnaden, Gunsten und Privilegien" neu
bestätigt werden, heifst es nämlich: „dat ....
der Eydelman Her Heinrich Greve zo Seyne,
Hern des Landts von Blankenberg und Fraw
Mettil Grevinne, syn Huyfsfrawe, mit milder
ynniger und heilsamer Vurdachlnusse Im Ge-
biede der Herschaft syns Landtz von Blanken-
berg zo Loeve ind zo eren des Allmechtigen
Goltz, der heiligen Joncfrawen Marien Jnd des
heiligen Confessoris sant Franciscus eyn Eyn-
siedelhuyfs des Seligendais gestedicht ind ge-
buwet haiet Jnd aldae zu waenen indgoede zu
dienen die mynerbroidern gerouffen hant ...."
Darnach haben also der Graf Heinrich von Sayn
(f 1247) und seine Frau Mechtilde von Lands-
berg (f 1282) das Kloster (Einsiedelhaus) zu
Seligenthal gestiftet und dorthin Minderbrüder
berufen. Es stimmt dies überein mit der älte-
sten urkundlichen Mittheilung, welche dem Jahre
1251 angehört, und worin das Kloster mit der
Benennung Vallis felix erscheint: Praeterea
ultra Sygam 5"0 jurnales sylvae sitae juxta
vallem felicem supra montem . . . ., so heifst es
nämlich in einer Urkunde jenes Jahres, in wel-
cher die mehrgenannte Gräfin Mechtildis von
Sayn die dem Kloster „de pdxe pei" in Blanken-
berg geschenkten Güter bezeichnet.2)

2) Lacomblet aUrkundenbuch für die Geschichte
des Niederrheins« Bd. II, Urk. 379.

Die für die Folgezeit noch in grofser Zahl vorliegen-
den Memorienstiftungen, Erwerbs- und Bestätigungs-
urkunden bieten hier weiteres Interesse. Es möge er-
wähnt sein, dafs Mechtild auch in ihrem Testamente
des Seligenthaler Klosters gedachte, indem sie demselben
10 Mark vermachte (Aeg. Müller »Siegkreisa Bd. II,
S. 308). Wie Dornbusch (»Annalen des histor. Ver-
eins f. d. Niederrh.« Heft 30, S. 122) mittheilt, beschäf-
tigten sich die Minderbrüder des Klosters Seligenthal
im XVI.Jahrh. viel mit Aufführung geistlicher Schau-
spiele. Sie kamen zuweilen nach Siegburg und führten
im dortigen Abteigebäude ihre Stücke auf. Im Jahre
1568 wurde von ihnen „das Spiel Ester agirt", im
Jahre 1569 „das Spiel Joseph". Zu Fastnacht des-
selben Jahres hatten sie eine „lustige Komödie" auf-
geführt. Am 10. März 1685 wurde ausweislich des
alten Lagerbuches von Geistingen eine an Sonn- und
Feiertagen zu lesende Frühmesse gestiftet, welche durch
die Herren Patres ordinis S. Francisci Fratrum nii-
norum des Klosters Seligendahl als nächst beiwohnende
Geistliche und keine Andern celebrirt werden solle.

Beim Kloster Seligenthal befand sich gleichwie zu
Pützchen eine Detentionsanstalt (Carcer) für fehlende
Kleriker der Christianität Siegburg.
 
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