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1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 2.
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sie ferner eine der ältesten zweischiffigen Kir-
chen in Deutschland ist, wird aber sicherlich
die rheinische ProvinzialVerwaltung bewegen,
durch eine Beihülfe es der Gemeinde zu er-
möglichen, die Kirche wieder in alter Schöne
erstehen zu lassen.
Ueber eine blofse Restauration geht es hin-
aus, wenn die Gemeinde ihre Kirche auch mit
einem Thurm geziert zu sehen wünscht. Wie
im Allgemeinen bei den Kirchen der Bettel-
orden, so vertritt auch hier ein Dachreiter die
Stelle eines Thurmes, der nur zwei ganz kleine,
für die weitverzweigte Gemeinde unzureichende
kirche ist eben zu einer Pfarrkirche geworden.
Nur möchte ich, falls der Plan zur Ausführung
kommt, dringend davon abrathen, den Thurm
vor die Westfassade zu stellen. Abgesehen da-
von, dafs er in der Ecke zwischen Kirche und
Pastorat einen wenig geeigneten Platz finden
und eine spätere Vergröfserung nach dieser
Richtung hin so ziemlich unmöglich machen
würde, würde er auch die Westfassade und ihre
ganze Architektur vollständig verdecken. Es
dürfte sich deshalb im vorliegenden Falle mehr
empfehlen, den Thurm über der Sakristei zu er-
richten : ihre Umfassungswände sind ausreichend
Glocken8) in sich birgt. Als sehr störend wird
es auch empfunden, dafs die Glockenseile un-
mittelbar vor dem Altare herniederhängen. So
sehr man auch darnach streben mufs, die uns
überkommenen Bauwerke thunlichst im ursprüng-
lichen Zustande zu belassen, so kann doch an-
dererseits den auf die Erbauung eines Thurmes
gerichteten Wünschen eine gewisse Berechtigung
nicht abgesprochen werden. Die Franziskaner-
Minoritenkirche in Köln, welche nach Baudri „den Typus
der älteren Franziskanerkirchen Deutschlands" darstellt,
folgt vollständig dem gothischen Stile.
8) Dieselben stammen aus dem Jahre 1500 bezw.
1(>45 und haben 56 cm bezw. 48 cm Durchmesser im
Schlagring.
stark, um einen mäfsig grofsen, aber völlig aus-
reichenden Thurm zu tragen. Bei dieser Thurm-
anordnung würde nur das östliche Hochwand-
fenster in Wegfall kommen, die ganze übrige
Architektur aber unangetastet bleiben. Dafs
eine solche unsymmetrische Stellung des Thur-
mes oft auf das Reizvollste wirkt, hat Meckel
den Lesern dieser Zeitschrift noch jüngst in
seinen schönen Abbildungen vor Augen geführt:
dafs sie auch im vorliegenden Falle eine gute
Wirkung ausübt, dürfte die vorstehend mit-
getheilte Skizze darthun, welche übrigens nicht
den Anspruch erhebt, für den Thurmaufbau
selbst eine abschliefsende Lösung zu geben.
Freiburg (Schw.) W. Effmann.
1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 2.
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sie ferner eine der ältesten zweischiffigen Kir-
chen in Deutschland ist, wird aber sicherlich
die rheinische ProvinzialVerwaltung bewegen,
durch eine Beihülfe es der Gemeinde zu er-
möglichen, die Kirche wieder in alter Schöne
erstehen zu lassen.
Ueber eine blofse Restauration geht es hin-
aus, wenn die Gemeinde ihre Kirche auch mit
einem Thurm geziert zu sehen wünscht. Wie
im Allgemeinen bei den Kirchen der Bettel-
orden, so vertritt auch hier ein Dachreiter die
Stelle eines Thurmes, der nur zwei ganz kleine,
für die weitverzweigte Gemeinde unzureichende
kirche ist eben zu einer Pfarrkirche geworden.
Nur möchte ich, falls der Plan zur Ausführung
kommt, dringend davon abrathen, den Thurm
vor die Westfassade zu stellen. Abgesehen da-
von, dafs er in der Ecke zwischen Kirche und
Pastorat einen wenig geeigneten Platz finden
und eine spätere Vergröfserung nach dieser
Richtung hin so ziemlich unmöglich machen
würde, würde er auch die Westfassade und ihre
ganze Architektur vollständig verdecken. Es
dürfte sich deshalb im vorliegenden Falle mehr
empfehlen, den Thurm über der Sakristei zu er-
richten : ihre Umfassungswände sind ausreichend
Glocken8) in sich birgt. Als sehr störend wird
es auch empfunden, dafs die Glockenseile un-
mittelbar vor dem Altare herniederhängen. So
sehr man auch darnach streben mufs, die uns
überkommenen Bauwerke thunlichst im ursprüng-
lichen Zustande zu belassen, so kann doch an-
dererseits den auf die Erbauung eines Thurmes
gerichteten Wünschen eine gewisse Berechtigung
nicht abgesprochen werden. Die Franziskaner-
Minoritenkirche in Köln, welche nach Baudri „den Typus
der älteren Franziskanerkirchen Deutschlands" darstellt,
folgt vollständig dem gothischen Stile.
8) Dieselben stammen aus dem Jahre 1500 bezw.
1(>45 und haben 56 cm bezw. 48 cm Durchmesser im
Schlagring.
stark, um einen mäfsig grofsen, aber völlig aus-
reichenden Thurm zu tragen. Bei dieser Thurm-
anordnung würde nur das östliche Hochwand-
fenster in Wegfall kommen, die ganze übrige
Architektur aber unangetastet bleiben. Dafs
eine solche unsymmetrische Stellung des Thur-
mes oft auf das Reizvollste wirkt, hat Meckel
den Lesern dieser Zeitschrift noch jüngst in
seinen schönen Abbildungen vor Augen geführt:
dafs sie auch im vorliegenden Falle eine gute
Wirkung ausübt, dürfte die vorstehend mit-
getheilte Skizze darthun, welche übrigens nicht
den Anspruch erhebt, für den Thurmaufbau
selbst eine abschliefsende Lösung zu geben.
Freiburg (Schw.) W. Effmann.