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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0107

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149

1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. _ Nr. 5.

150

Nufsbecher des XVI. Jahrhunderts.

Mit 6 Abbildungen.

ür die aus der Schale einer Kokos-
nufs durch Silberfassung gebildeten
Pokale finde ich in den Quellen
folgende Bezeichnungen:

1. Ynndische nuss. 1527. Inventar der
Kleinodien zu Prefsburg im »Jahrbuch d. öster-
reichischen Kunst-
sammlungen« 1885,
II, Nr. 2914.

2. Indianische
Nusz. XVI.Jahrh.
Nachlafs eines Wert-
heimer Bürgers in
Württemb.-Franken
1866, S. 308.

3. Nvs. Mitte
des XVI.Jahrh. Vir-
gil Solis bei Bergau,
Jamnitzer, B 57.

4. Ein Mernos
schon bin ich ge-
nannt. Ende des
XVI.Jahrh. Auf ei-
nem Nufsbecher In-
schrift. Ausstellung
Düsseldorf 1880,
Katalog Nr. 795.

5. Welcher wil
wilkom sein in
diesem Haufs, der
sol krochen dis
Noifs. 1582. In-
schrift auf einem
Nufspokal bei Ge-
org Agath, Breslau.
(Gefl. Mittheil, des
Besitzers.) Figur l.

tenen Exemplaren bewegen sich auf keinem
eng begrenzten Gebiete; aufser mythologischen
Szenen finden wir biblische, in welchen man
eine Anspielung auf den Gebrauch des Gefäfses
finden kann, wie die Darstellung Loth's oder
Noa's, in gleicher Anzahl aber auch solche,

welche eine derar-
tige Deutung nicht
nahe legen, wie z. B.
die Geschichte des
hl. Stephanus oder
das hl. Abendmahl.
Dafs ein Nufsbecher
zur hl. Messe ge-
dient habe, ist für
die in Betracht kom-
mende Zeit wohl
kaum anzunehmen.
Umsomehr über-
rascht uns das häu-
fige Vorkommen re-
ligiöser Komposi-
tionen.2) Es scheint
fast, dafs ein Theil
dieser Nufsbecher
direkt für einen mit
dem kirchlichen Le-
ben verbundenen
Gebrauch angefer-
tigt wurde, wenn
es uns auch nicht
gelingen will, einen
Nachweis dafür bei-
zubringen. Strau-
fsenei- und Nanti-
luspokale sind da-
gegen in Kirchen-

6. Die dese Noet vell craeckt etc. 1582.
Inschrift auf einem Nufsbecher bei f Baron Carl
von Rothschild (Frankfurt).

Da von diesen Erwähnungen keine aus dem
XVI. Jahrh. herausfällt,1) darf man wohl anneh-
men, dafs dieses Jahrhundert ganz besonders an
der Ausbildung eines Bechertypus betheiligt war,
zu welchem die erste Bekanntschaft mit dem
exotischen Gewächs den Anlafs gegeben hat.
Die Inschriften auf den letztgenannten drei
Stücken zeigen uns die Becher als Profantrink-
geräthe. Die Darstellungen auf den geschnit-

inventaren und Heilthumbüchern als Reliquiare
nicht ungewöhnlich. Die richtige Interpretirung
des Stückes, welches wir heute unseren Lesern
vorführen, wird vielleicht auch nach dieser Rich-
tung hin Aufklärung verschaffen.

!) [Das »Glossaire archeologique« von Gay bringt
(1,401) eine bezügliche Inventarnotiz aus 1380. D. HJ

2) [Solche (nämlich Oelbergsszene, Geifselung und
Dornenkrönung) schmücken auch eine in meinem Be-
sitze befindliche Kokosnufs, welche dem XVI. Jahrh.
angehört, aber auf einem Kelchfufse des XV. Jahrh.
befestigt ist. D. H.]
 
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