151
181)1.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr. 5.
152
Ihre Königliche Hoheit die Grofsherzogin
von Sachsen bewahrt im Schlosse zu Weimar
einen Nufspokal
(Fig. 1), welcher,
wie ich höre, aus
dem Nachlasse des
-j- Prinzen Hein-
rich von der Nie-
derlande stammen
soll. Was uns an
diesem Gegen-
stande besonders
fesselt, ist die ele-
gante gothische
Arbeit an den Bü-
geln und die ge-
schnittenen und
durch Farben be-
lebten Darstellun-
gen auf der Nufs
selbst. Betrachten
wir diese zunächst
an der Hand der
Fig. 2 bis 4, so
werden wir einen
Stützpunkt für die
weitere Untersu-
chung finden.
Ich mufs ge-
stehen, dafsmirder
Inhalt der Darstel-
lungen zunächst
fremd war, und
dafs ich meinen
hiesigen Freunden
den Hinweis auf
die Legende des
hl. Jakobus major
verdanke. Schla-
gen wir die »Le-
genda aurea« (ed.
Graesse 1890, S.
421 ff.) auf, so wer-
den wir die Er-
klärung der drei
geschnittenen Fel-
der finden:
1) S.423:^'-
athar vero ponli-
fex anni illius seditionem in populo excitavit
et misso fune in collo aposloli ipsum ad Hero-
dem Agrippam adduci fecit.
Wir sehen in Fig. 2 den Apostel von zwei
Schergen, von welchen der eine in mi-parti mit
kurzem Wamms,
der andere in ei-
nen etwas länge-
ren Rock geklei-
det ist, vor Hero-
des Agrippa ge-
führt. Um den
Thronsessel dieses
letzteren bemer-
ken wir drei Per-
sonen, in welchen
wir keine Figuren
der Legende zu
suchen, sondern
diejenigen Amts-
personenzu erken-
nen haben, welche
in der Heimath
und zur Zeit des
Schnitzers oder
des Entwerfers bei
einer Gerichtssit-
zung anwesend zu
sein verpflichtet
waren. Man wird
leicht den Kanzler
im langen Talar,
den Geistlichen im
weifsen Ordensge-
wande und einen
weltlichen Beam-
ten mit Schnurr-
bart, die Gugel
überdas Hauptge-
zogen, erkennen.
2) S. 424: De-
collatus est autem
beatus Jacobus...
DieHinrichtung
fand durch Ent-
hauptung statt;
dieses sehen wir
auf Fig. 3 auch
deutlich genug
dargestellt. Auf-
fallend ist auch
hier die Beschrän-
kung des Künstlers auf den blofsen Akt der
Hinrichtung, wo die Legende denselben in rei-
cher Weise mit Details ausstattet. Statt Herodes
181)1.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr. 5.
152
Ihre Königliche Hoheit die Grofsherzogin
von Sachsen bewahrt im Schlosse zu Weimar
einen Nufspokal
(Fig. 1), welcher,
wie ich höre, aus
dem Nachlasse des
-j- Prinzen Hein-
rich von der Nie-
derlande stammen
soll. Was uns an
diesem Gegen-
stande besonders
fesselt, ist die ele-
gante gothische
Arbeit an den Bü-
geln und die ge-
schnittenen und
durch Farben be-
lebten Darstellun-
gen auf der Nufs
selbst. Betrachten
wir diese zunächst
an der Hand der
Fig. 2 bis 4, so
werden wir einen
Stützpunkt für die
weitere Untersu-
chung finden.
Ich mufs ge-
stehen, dafsmirder
Inhalt der Darstel-
lungen zunächst
fremd war, und
dafs ich meinen
hiesigen Freunden
den Hinweis auf
die Legende des
hl. Jakobus major
verdanke. Schla-
gen wir die »Le-
genda aurea« (ed.
Graesse 1890, S.
421 ff.) auf, so wer-
den wir die Er-
klärung der drei
geschnittenen Fel-
der finden:
1) S.423:^'-
athar vero ponli-
fex anni illius seditionem in populo excitavit
et misso fune in collo aposloli ipsum ad Hero-
dem Agrippam adduci fecit.
Wir sehen in Fig. 2 den Apostel von zwei
Schergen, von welchen der eine in mi-parti mit
kurzem Wamms,
der andere in ei-
nen etwas länge-
ren Rock geklei-
det ist, vor Hero-
des Agrippa ge-
führt. Um den
Thronsessel dieses
letzteren bemer-
ken wir drei Per-
sonen, in welchen
wir keine Figuren
der Legende zu
suchen, sondern
diejenigen Amts-
personenzu erken-
nen haben, welche
in der Heimath
und zur Zeit des
Schnitzers oder
des Entwerfers bei
einer Gerichtssit-
zung anwesend zu
sein verpflichtet
waren. Man wird
leicht den Kanzler
im langen Talar,
den Geistlichen im
weifsen Ordensge-
wande und einen
weltlichen Beam-
ten mit Schnurr-
bart, die Gugel
überdas Hauptge-
zogen, erkennen.
2) S. 424: De-
collatus est autem
beatus Jacobus...
DieHinrichtung
fand durch Ent-
hauptung statt;
dieses sehen wir
auf Fig. 3 auch
deutlich genug
dargestellt. Auf-
fallend ist auch
hier die Beschrän-
kung des Künstlers auf den blofsen Akt der
Hinrichtung, wo die Legende denselben in rei-
cher Weise mit Details ausstattet. Statt Herodes