205
1891.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.
206
ähnlichen Werken des Byzantinismus, so wird
man eher auf das XII. als auf das X. Jahrh.
geführt: ich verweise auf die Vatikanische Hand-
schrift der Predigten auf die Feste Maria (Cod.
Vat.1162, abgeb. bei D'Agincourt »Malerei«
D. A. Taf. LI2) und auf ein Evangelienbuch der
Vaticana (abgeb. ebenda Taf. LIX »); beide Hand-
schriften entstammen dem XII. Jahrh., die letz-
tere ist datirt 1128. Vielleicht werden Andere
finden, dafs selbst spätere Jahrhunderte nicht
ausgeschlossen sind.
Die beiden Tafeln sind durch schmale Stege
in sechs Felder getheilt, welche zu je drei über-
einander geordnet sind. Die Reihenfolge der
Darstellungen beginnt links oben und es folgen
sich die Szenen also:
1. Die Verkündigung (O Evayysha-
MOC zrjs 0-aoxöxOü), Inschrift halb zerstört,
fast ganz so, wie das Malerbuch vom Berge Athos
(D. Ausg. S. 171 f.) die Szene schildert.
2. Die Geburt Christi (II rENNHClC
xov Xqiocov), mit der Szene im Vordergrunde,
wo das Kind gebadet wird; bekanntlich ein den
Apokryphen entlehnter Zug. Der § 213 des
Malerbuchs schildert die Geburts-Darstellung
ziemlich abweichend.
3. Die Darstellung im Tempel (H
^YIIATIAISITI-I), wiederum sehr übereinstim-
mend mit § 215 des Malerbuchs.
4. Die Taufe Christi im Tempel (H
BAU TlClC), mehrfach abweichend vom Maler-
buch (§ 220), in den Figuren Johannis und der
dienenden Engel voll lebendiger Bewegung.
5. Die Verklärung des Herrn auf Ta-
bor ("H METAMOPOwClC), sehr überein-
stimmend mit Malerbuch § 257, wo indessen
die Umstrahlung Christi durch die Mandorla
nicht angeführt wird.
6. Die Auferweckung des Lazarus (H
EPEPClC TOY AAZAPOY), sehr drama-
tisch geschilderte Szene, stark an Malerbuch
§ 276 erinnernd.
7. Die Palmtragung (EL BAICKDOPOC),
ganz übereinstimmend (ausschliefslich des Berges
aufserhalb des Stadt) mit Malerbuch § 277. Be-
merkenswert auch die gute Schilderung des
Lastthieres.
8. Die Kreuzigung des Herrn (die Per-
sonen sind hier wie auf anderen Szenen, z. B.
1, 5, 6, durch Beischriften bezeichnet, doch ist
die das Ganze begleitende Inschrift r) oravoiooig
tov Xqiotov ganz zerstört oder sie fehlte). Die
Schilderung stimmt in mehreren Punkten mit
Malerbuch § 300, doch sind von den Neben-
figuren nur Maria und Johannes anwesend, auch
die beiden Schacher fehlen.
9. Christus in der Vorhölle, die Stamm-
eltern erlösend, mit Details (wie dem gekrönten
David neben dem Herrn), welche sich ebenso
im Malerbuch (§ 306) wiederfinden. Auffallen-
der Weise trägt das Bild die Beischrift 'II ANA-
d'TAClC statt rj slg tov (idrtv xd&odog, woraus
vielleicht zu schliefsen ist, dafs ursprünglich die
Auferstehung, welche jetzt auf unseren Tafeln
fehlt, hier folgen sollte, dafs statt deren aber
dann die Höllenfahrt eingereiht wurde.
10. Christi Himmelfahrt (II "ANAAH-
riiWIC), ganz übereinstimmend mit Maler-
buch $ 318.
IL Das Pfingstfest (II T1ENTHKOCTH,
im Malerbuch: rj xü&odog tov dyiov nvsv-
/LiccTog). Das Haus und das gewölbte kleine
Zimmer des Malerbuchs (§ 319) fehlen; dagegen
erkennt man unten in dem Kreise den eben-
daselbst erwähnten alten Mann, der mit beiden
Händen vor sich ein Tuch hält; in dem Tuch
sind zwölf zusammengerollte Blätter, und er hat
auch auf dem Haupte eine Krone und über ihm
sind diese Worte: „die Welt". Letztere Beischrift
fehlt hier.
12. Der Tod der Gottesgebärerin (H
KOIMHCICTFIC QEOTOKOY). Im Wesent-
lichen mit Malerbuch (§ 394) zusammenstim-
mend. In den beiden an den Ecken des Hauses
rechts und links geordneten Heiligen, welche
aufser den 12 Aposteln und den beiden Engeln
hier auftreten, haben wir wohl nicht die vom
Malerbuch erwähnten Schriftsteller, welche über
die Dormitio schrieben, Johannes Damascenus
und den Dichter Kosmas, sondern, da es Bischöfe
sind, wohl die ebenda erwähnten Dionysius Areo-
pagita und etwa Hierotheus oder Timotheus zu
erblicken. Es fehlen also hier gegen das Maler-
buch, aufser den weinenden Frauen, mehrere von
demselben aufgestellte Zeugen der Szene.
Kleinere Mosaikbilder dieser Art sind im
Ganzen sehr selten; doch werden einige genannt.
So hat Odobesco in seinen Notizen über die
byzantinische Kunst auf dem Berge Athos der-
artige Werke aus den Klöstern Vatopedi (einen
hl. Nikolaus, eine hl. Jungfrau und eine Kreu-
zigung; die Madonna ist ein Geschenk Anasta-
sia's, der Gemahlin des Czaren Jwan Vassilie-
vitsch, aber wohl aus älterer Zeit herrührend),
1891.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.
206
ähnlichen Werken des Byzantinismus, so wird
man eher auf das XII. als auf das X. Jahrh.
geführt: ich verweise auf die Vatikanische Hand-
schrift der Predigten auf die Feste Maria (Cod.
Vat.1162, abgeb. bei D'Agincourt »Malerei«
D. A. Taf. LI2) und auf ein Evangelienbuch der
Vaticana (abgeb. ebenda Taf. LIX »); beide Hand-
schriften entstammen dem XII. Jahrh., die letz-
tere ist datirt 1128. Vielleicht werden Andere
finden, dafs selbst spätere Jahrhunderte nicht
ausgeschlossen sind.
Die beiden Tafeln sind durch schmale Stege
in sechs Felder getheilt, welche zu je drei über-
einander geordnet sind. Die Reihenfolge der
Darstellungen beginnt links oben und es folgen
sich die Szenen also:
1. Die Verkündigung (O Evayysha-
MOC zrjs 0-aoxöxOü), Inschrift halb zerstört,
fast ganz so, wie das Malerbuch vom Berge Athos
(D. Ausg. S. 171 f.) die Szene schildert.
2. Die Geburt Christi (II rENNHClC
xov Xqiocov), mit der Szene im Vordergrunde,
wo das Kind gebadet wird; bekanntlich ein den
Apokryphen entlehnter Zug. Der § 213 des
Malerbuchs schildert die Geburts-Darstellung
ziemlich abweichend.
3. Die Darstellung im Tempel (H
^YIIATIAISITI-I), wiederum sehr übereinstim-
mend mit § 215 des Malerbuchs.
4. Die Taufe Christi im Tempel (H
BAU TlClC), mehrfach abweichend vom Maler-
buch (§ 220), in den Figuren Johannis und der
dienenden Engel voll lebendiger Bewegung.
5. Die Verklärung des Herrn auf Ta-
bor ("H METAMOPOwClC), sehr überein-
stimmend mit Malerbuch § 257, wo indessen
die Umstrahlung Christi durch die Mandorla
nicht angeführt wird.
6. Die Auferweckung des Lazarus (H
EPEPClC TOY AAZAPOY), sehr drama-
tisch geschilderte Szene, stark an Malerbuch
§ 276 erinnernd.
7. Die Palmtragung (EL BAICKDOPOC),
ganz übereinstimmend (ausschliefslich des Berges
aufserhalb des Stadt) mit Malerbuch § 277. Be-
merkenswert auch die gute Schilderung des
Lastthieres.
8. Die Kreuzigung des Herrn (die Per-
sonen sind hier wie auf anderen Szenen, z. B.
1, 5, 6, durch Beischriften bezeichnet, doch ist
die das Ganze begleitende Inschrift r) oravoiooig
tov Xqiotov ganz zerstört oder sie fehlte). Die
Schilderung stimmt in mehreren Punkten mit
Malerbuch § 300, doch sind von den Neben-
figuren nur Maria und Johannes anwesend, auch
die beiden Schacher fehlen.
9. Christus in der Vorhölle, die Stamm-
eltern erlösend, mit Details (wie dem gekrönten
David neben dem Herrn), welche sich ebenso
im Malerbuch (§ 306) wiederfinden. Auffallen-
der Weise trägt das Bild die Beischrift 'II ANA-
d'TAClC statt rj slg tov (idrtv xd&odog, woraus
vielleicht zu schliefsen ist, dafs ursprünglich die
Auferstehung, welche jetzt auf unseren Tafeln
fehlt, hier folgen sollte, dafs statt deren aber
dann die Höllenfahrt eingereiht wurde.
10. Christi Himmelfahrt (II "ANAAH-
riiWIC), ganz übereinstimmend mit Maler-
buch $ 318.
IL Das Pfingstfest (II T1ENTHKOCTH,
im Malerbuch: rj xü&odog tov dyiov nvsv-
/LiccTog). Das Haus und das gewölbte kleine
Zimmer des Malerbuchs (§ 319) fehlen; dagegen
erkennt man unten in dem Kreise den eben-
daselbst erwähnten alten Mann, der mit beiden
Händen vor sich ein Tuch hält; in dem Tuch
sind zwölf zusammengerollte Blätter, und er hat
auch auf dem Haupte eine Krone und über ihm
sind diese Worte: „die Welt". Letztere Beischrift
fehlt hier.
12. Der Tod der Gottesgebärerin (H
KOIMHCICTFIC QEOTOKOY). Im Wesent-
lichen mit Malerbuch (§ 394) zusammenstim-
mend. In den beiden an den Ecken des Hauses
rechts und links geordneten Heiligen, welche
aufser den 12 Aposteln und den beiden Engeln
hier auftreten, haben wir wohl nicht die vom
Malerbuch erwähnten Schriftsteller, welche über
die Dormitio schrieben, Johannes Damascenus
und den Dichter Kosmas, sondern, da es Bischöfe
sind, wohl die ebenda erwähnten Dionysius Areo-
pagita und etwa Hierotheus oder Timotheus zu
erblicken. Es fehlen also hier gegen das Maler-
buch, aufser den weinenden Frauen, mehrere von
demselben aufgestellte Zeugen der Szene.
Kleinere Mosaikbilder dieser Art sind im
Ganzen sehr selten; doch werden einige genannt.
So hat Odobesco in seinen Notizen über die
byzantinische Kunst auf dem Berge Athos der-
artige Werke aus den Klöstern Vatopedi (einen
hl. Nikolaus, eine hl. Jungfrau und eine Kreu-
zigung; die Madonna ist ein Geschenk Anasta-
sia's, der Gemahlin des Czaren Jwan Vassilie-
vitsch, aber wohl aus älterer Zeit herrührend),