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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0191

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281

1891. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

seinem Platze viel mehr Ansprüche hat, mit
den Bildern in Verbindung gesetzt zu werden,
als das Moltke'sche, welches als das der Patro-
natsinhaber und später angebracht sein könnte.
Ein in der nordöstlichen Ecke des Chores
oberhalb des Frieses angebrachter Schild der
von Micheelstorp scheint aufser Beziehung zu
den Bildern zu stehen; das Geschlecht kommt
aber nach 1345 nicht weiter vor und somit
ist die Malerei zwischen dieses Jahr und 1300
zu setzen.

Bei dem Stande unserer Kenntnifs von der
ursprünglichen Ausstattung des Inneren unserer
Kirchen darf ich wohl auf die Theilnahme der
Archäologen für die vorstehenden Mittheilungen

rechnen und hoffe durch dieselben auch den
Architekten, wenigstens in Betreff von Neu-
bauten, zu dienen, freilich aber nicht für Re-
staurationen.

Schliefslich füge ich noch ein Verzeichnifs
derjenigen Stellen in den »Mecklenburgischen
Jahrbüchern« hinzu, in denen von Dekoration
des Innern von Kirchen berichtet wird: Bd. 16
S. 286, Bd. 17 S. 376, Bd. 19 S. 374, 385, Bd. 20
S. 312, Bd. 24 S. 317, 338, Bd. 26 S. 234, Bd. 27
S. 213, Bd. 33 S. 154, Bd. 35 S. 181, 201, Bd. 36
S. 170, Bd. 40 S. 161, Bd. 42 S. 168, Bd. 45
S. 274, 282, Bd. 47 S. 94. Nachrichten von
äufserer Bemalung finden sich Bd. 16 S. 293,
Bd. 17 S. 385, Bd. 24 S. 312. F. Crull.

Gothisch oder Romanisch?

(Briefe an einen Freund.)

Dritter Brief,
an darf den gothischen und den ro-
manischen Stil nicht wie zwei Brü-
der nebeneinander-, auch nicht wie
zwei Gegner einander gegenüber-
stellen. Sie stellen vielmehr zwei aufeinander
folgende Stufen innerhalb ein und derselben
Entwickelung dar. Der romanische Stil ist der
Vorläufer des gothischen, während er dem
römischen gefolgt war. In Deutschland kam
derselbe zu einem gewissen Abschlufs, einer-
seits in der flachgedeckten Basilika, anderseits
in der gewölbten. Das in den süddeutschen
und namentlich den rheinischen Landen zu Ge-
bote stehende Steinmaterial, die hier lebendig
gebliebene Ueberlieferung in der Kunst des Ge-
wölbebaues führte zur Errichtung einer grofsen
Zahl gewölbter Kirchen, welche bezüglich ihrer
Festigkeit vollständig beruhigen konnten. Die
etwas massige Anlage widersprach nicht dem
Charakter der Zeit, und so schien ein Bedürf-
nifs nach vervollkommneter Bauweise nicht wach
zu werden. Und doch wurde es wach. Wir
sehen es an den in den Monumenten noch vor-
handenen Versuchen, einerseits sich vom Qua-
drate loszumachen, anderseits die Massen mehr
zu gliedern und aufzulösen. Diesen Bestre-
bungen verdanken wir viele der reizvollsten
und anmuthigsten Bildungen.

Anders in Frankreich. Dort hatte man es
nicht bis zu einem vorläufig genügenden Ab-

schlufs gebracht. Man mühte sich weiter und
weiter, um mit möglichster Vermeidung grofser
Massen doch fest und sicher zu bauen, und so
erreichte man schliefslich die Auflösung der
Gewölbe in getragene Kappen und tragende
Rippen, der Mauern in stützende Pfeiler und
zwischengespannte Füllungen, und weiter die
ganze Durchbildung des Strebesystems. Zu-
gleich erlaubte die vermehrte Erzeugung des
Glases gröfsere Fenster, ja die farbigen Glas-
teppiche machten sie nothwendig, die grofsen
Oeffnungen aber setzte man auf's Glücklichste
wieder mit der Mauer in Zusammenhang und
Harmonie und stützte zugleich ihre Glasfüllung
durch steinernes Pfostenwerk — kurz, das an-
gestrengte Bemühen vieler, ja aller Baukünstler
nach möglichster Vervollkommnung der Bau-
weise führte zum gothischen Stile. Derselbe ist
keine Erfindung in dem Sinne, als ob man zu-
fällig auf ihn gekommen, oder als ob einer ihn
erdacht habe; sondern er ist das Ergebnifs
einer stetigen Entwickelung, deren Verlauf sich
jetzt noch aus den Monumenten nachweisen läfst.
Als die neue Bauweise einmal zum Durch-
bruch gekommen und zu einem vollständigen
Stil durchgebildet war, mufsten auch in andern
stammverwandten Ländern die Architekten Stel-
lung zu ihr nehmen. Verhielten sie sich ableh-
nend — wir wollen nur von unsern deutschen
Künstlern sprechen —, sagten sie, unser Stil
genügt uns ? Die Monumente geben Zeugnifs.
 
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