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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0206

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301

1S91.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. — Nr. 10.

302

die Rippenkonsolen u. s. w. ein gutes Sandstein-
material der umliegenden Bergkuppen benutzte.

Der Haupteingang in das eine vorhandene
Schiff erfolgte nicht direkt vom Klosterhofe
aus, sondern von einem zweigeschossigen Vor-
baue, dessen Erdgeschofs in Uebereinstimmung
mit dem offenen Kreuzgang eine gewölbte, offene
Halle bildete. Aus dieser führte eine Freitreppe
zu dem im ersten Stock gelegenen Kirchenportal,
und eine in der Halle selbst befindliche Thüre
nach den unter dem Schiff vorhandenen Fels-
grüften. Von diesem Vorbaue, welcher im ersten
Stock, soweit sich aus vorhandenen Resten fest-
stellen läfst, aus drei auf den Räumen des unteren
Geschosses fundirten Räumen bestand, ist aufser
den an der Portalwand des Schiffes vorhandenen
Wölbungsfalzen, dem Grufteingang und aufser
einem links vor dem Kreuzgang vorhandenen
— auf unserem Grundrifs nicht weiter berück-
sichtigten — Gebäudetheile nichts mehr erhalten.
Ein interessantes rekonstruirtes Schaubild des
Aufbaues der Kirche und Klostergebäude rührt
von Kornelius Gurlitt aus dem Jahre 1881 her,
in welchem derselbe den Vorbau mit steilem Pult-
dach bedeckt annimmt, in welches vier mit steilen
Giebeln versehene Satteldächer einschneiden.

Die innere Gesammflänge der Kirche beträgt
29,5 m, das Schiff ist 15,40 m, der Chor 14,10 m
lang, während die Breite des Schiffes 10,75 m,
die des Chores 7,4 bezw. 6,9 m beträgt.5)6)

Der verhältnifsmäfsig sehr lange und schmale,
nach seinem polygonalen Abschlufs hin um 0,50/«
in der Breite verjüngte Chor ist mit drei Seiten
des Achtecks geschlossen und der Fufsboden um
mehrere Stufen über den Schiffboden erhöht.
Der den Chor vom Schiff trennende Triumph-
bogen steht noch unversehrt und zeigt eine sehr
edle Profilirung von abwechselnden Hohlkehlen,
Rund- und Birnstäben. Die Höhensteigerung
des Schiffes ist eine ganz bedeutende, indem die
Umfassungsmauern ca. 23 m hoch sind.7)

<>) Puttrich »Mittelalter!.Baudenkmale Sachsens« I.,
Liefrg. 19 u. 20, S. 16 bis 18 nimmt Totallänge von
108 Fufs an, Breite des Schiffes von 38 Fufs, des
Chores von 26 Fufs. Sächsische Fufs zu Grunde gelegt,
ergeben sich folgende Melermafse: Länge 30,56 m (?),
Breite des Schiffes 10,75 m, Breite des Chores 7,36 m.

6) Moschkau »Oybin-Chronik« S. 221: Gesammt-
länge 29,25 m, Länge des Schiffes 15,0 m, Länge des
Chores 14,25 w, Breite des Schiffes 11,5 m (?), Breite
des Chores 7,75 m (?).

7)Putlrich »Mittelalter!. Baudenkmale Sachsens«
nimmt 80 Fufs an. Sächsische Fufs zu Grunde gelegt,
ergeben sich 22,61 m.

Wie bereits erwähnt, ist der obere, die Fenster
enthaltende Theil der rechten (südlichen) Schiffs-
wand und des Chores nebst den betreffenden
Strebepfeilerpartieen auf 12 bis 13 m hoher Fels-
wand gegründet, während die linke (nördliche)
und die übrigen Wände des Chores in ganzer
Höhe aufgeführt sind.

In den Jahren 1512 bis 1515 meifselte man,
wahrscheinlich als die durchdringende Feuchtig-
keit des Sandsteinfelsens eine Zerstörung der
prächtigen Freskomalereien und ein Abstofsen
des Wandputzes befürchten liefs, zum Zweck
der Trockenlegung der Kirchenfelswand einen
Gang zwischen dieser und dem Muttergestein
heraus. Das Schiff wurde von drei rechteckigen
Kreuzgewölben überspannt, der Chor von zwei
solchen und der damit zusammenschneidenden
Chorwölbung.

Die mit reicher Profilirung umgebenen Schild-
bögen der Gewölbe sind theilweise noch gut
erhalten, während von den Gewölben nur noch
die Rippenanfänger und die sehr niedrigen, in
Höhe der Fenstersohlbänke beginnenden Rippen-
dienste, kleine Dreiviertels-Säulchen vorhanden
sind. Die langgestelzten Rippen der Chorgewölbe
setzten auf sehr schlanken, mit Blätterkapitälen
verzierten Wandsäulchen auf, welche in Höhe der
Chorfenster-Sohlbänke auf Konsolen beginnen.
Gleich hinter der Haupteingangswand befand
sich der ca. 4 m breite und 4 m hohe Orgelchor,
welcher aus zwei rechteckigen Kreuzgewölben
bestand, welche zwischen Gurtbögen, die von
einem mittleren achteckigen Pfeiler gestützt
wurden, eingespannt waren. Zugänglich war die
Orgelempore durch eine rechts vom Hauptein-
gange, in der mit äufserer Vorlage ca. 2,60 m
starken Stirnmauer angelegten Wendeltreppe von
1,8 m Durchmesser. Diese Wendeltreppe bildet
zugleich den Zugang zu dem an der rechten
(südwestlichen) Schiffsecke angebauten einfachen
Kirchthurme. Derselbe ist auch auf Fels fundirt
und geht in seiner quadratischen Grundrifslösung
in etwa halber Höhe ins Achteck über. Die ca.
2,20 m Durchmesser grofse, massive Wendel-
treppe ist indefs nicht mehr vorhanden, sondern
in neuerer Zeit durch eine Holztreppe ersetzt
worden. Das gröfste Interesse erregen die
Fenster, deren reiche, originelle Mafswerks-Aus-
bildungen alle voneinander verschieden gewesen
sind; vorhandene Reste veranlafsten mich, einige
Schemas der Mafswerks-Anordnungen und zwar
die der drei Fenster des Chorpolygons, eines der
 
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