DAS DEUTSCHE ENTOMOLOGISCHE INSTITUT
DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT UND SEINE
IDEENKREISE1
Von Dr. WALTHER HORN
Direktor des Deutschen Entomologischen Instituts der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft in Berlin - Dahlem
IN gewissem Sinne ist das Deutsche Entomologische Institut das einzige in Deutsch-
land existierende Forschungsinstitut für Entomologie, weil es das einzig freie,
räumlich selbständige, verwaltungstechnisch unter eigener Leitung stehende,
von Lehrtätigkeit befreite und in seiner Forschung auf Insektenkunde beschränkte
Institut ist. Im folgenden gebe ich erstens eine kurze Geschichte seines äußeren und
inneren Werdeganges, zweitens eine Skizzierung der bisherigen Leistungen, drittens
Teilergebnisse einer mehr als dreißigjährigen Erfahrung in der Verwaltungstechnik
und Methodik der entomologischen Forschung, viertens Liste meiner Publikationen
seit 1912 über Fragen zu eins und drei, da die folgenden Ausführungen in einigen
Punkten so knapp gehalten sind, daß ergänzende Hinweise wünschenswert sind.
I. Die Anfänge des Deutschen Entomologischen Instituts gehen von der syste-
matischen Entomologie aus, indem Prof. Gustav Kraatz im Jahre 1870 durch
Zusammenschluß von Insektensammlungen ein ,,Deutsches Entomologisches Natio-
nal-Museum“ als Sonderabteilung im Märkischen Museum der Stadt Berlin schaffen
wollte. 1887 kam daraufhin eine Stiftung mit 60 000 Mark Anfangskapital zustande;
die bis September 1904 so vereinigten Käfersammlungen blieben jedoch nur in
provisorischen Räumen untergehracht, da die Stadt Berlin ihre baulichen Ver-
pflichtungen nicht erfüllte. Deshalb wurde 1904 von Kraatz kurzerhand ein Privat-
grundstück in Berlin, Thomasiusstraße 21, gekauft, die „räumliche“ Abhängigkeit
von der Stadt gelöst, ein Kustos und Präparator eingestellt. 1909 fiel das rest-
liche etwa 900 000 Mark umfassende Vermögen von Kraatz dem Museum zu,
der Name des letzteren wurde in „Deutsches Entomologisches Museum“ geändert,
ein Museal-Bau auf eigenem Grundstück in Dahlem, Goßlerstraße 20, (s. Tafel 12),
aufgeführt, ein Direktorposten geschaffen, das Personal um einen Assistenten, eine
Stenotypistin und einen Hilfsarbeiter vermehrt, eigene Publikationen gegründet und
die bisher fast nur aus Käfern bestehenden Sammlungen entsprechend den Ideen, die
mich bei der Reorganisation der Deutschen Entomologischen Gesellschaft 1907—1909
geleitet hatten, auf das ganze Gebiet der Insekten ausgedehnt. Demselben Entwick-
lungsgang entsprach 1920 mein Antrag an die Stadt Berlin, den Namen „Deutsches
Entomologisches Museum“ in „Deutsches Entomologisches Institut“ zu ändern, wo-
durch das letztere von dem einseitigen „Museal-Typus“ abzurücken begann; ja,
ostentativ wurden die Sammlungen an letzter Stelle der „Archiv-Abteilung“ ge-
führt. Von 1921 an drohte dem Institut, das noch immer als städtische Stiftung
allein auf sein Vermögen angewiesen war, durch die Inflation der Untergang und
deshalb ging die Stadt Berlin gern auf meinen Vorschlag ein, diese unbequeme Last
abzugeben. Bei dieser Gelegenheit wurde zielbewußt eine weitere Umstellung ver-
sucht, indem ich Erforschung der Insektenmetamorphosen und Annäherung an
Forschungsaufgaben der angewandten Entomologie vorschlug. Verhandlungen mit
1 Mit einer Abbildung im Tafelanhang.
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DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT UND SEINE
IDEENKREISE1
Von Dr. WALTHER HORN
Direktor des Deutschen Entomologischen Instituts der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft in Berlin - Dahlem
IN gewissem Sinne ist das Deutsche Entomologische Institut das einzige in Deutsch-
land existierende Forschungsinstitut für Entomologie, weil es das einzig freie,
räumlich selbständige, verwaltungstechnisch unter eigener Leitung stehende,
von Lehrtätigkeit befreite und in seiner Forschung auf Insektenkunde beschränkte
Institut ist. Im folgenden gebe ich erstens eine kurze Geschichte seines äußeren und
inneren Werdeganges, zweitens eine Skizzierung der bisherigen Leistungen, drittens
Teilergebnisse einer mehr als dreißigjährigen Erfahrung in der Verwaltungstechnik
und Methodik der entomologischen Forschung, viertens Liste meiner Publikationen
seit 1912 über Fragen zu eins und drei, da die folgenden Ausführungen in einigen
Punkten so knapp gehalten sind, daß ergänzende Hinweise wünschenswert sind.
I. Die Anfänge des Deutschen Entomologischen Instituts gehen von der syste-
matischen Entomologie aus, indem Prof. Gustav Kraatz im Jahre 1870 durch
Zusammenschluß von Insektensammlungen ein ,,Deutsches Entomologisches Natio-
nal-Museum“ als Sonderabteilung im Märkischen Museum der Stadt Berlin schaffen
wollte. 1887 kam daraufhin eine Stiftung mit 60 000 Mark Anfangskapital zustande;
die bis September 1904 so vereinigten Käfersammlungen blieben jedoch nur in
provisorischen Räumen untergehracht, da die Stadt Berlin ihre baulichen Ver-
pflichtungen nicht erfüllte. Deshalb wurde 1904 von Kraatz kurzerhand ein Privat-
grundstück in Berlin, Thomasiusstraße 21, gekauft, die „räumliche“ Abhängigkeit
von der Stadt gelöst, ein Kustos und Präparator eingestellt. 1909 fiel das rest-
liche etwa 900 000 Mark umfassende Vermögen von Kraatz dem Museum zu,
der Name des letzteren wurde in „Deutsches Entomologisches Museum“ geändert,
ein Museal-Bau auf eigenem Grundstück in Dahlem, Goßlerstraße 20, (s. Tafel 12),
aufgeführt, ein Direktorposten geschaffen, das Personal um einen Assistenten, eine
Stenotypistin und einen Hilfsarbeiter vermehrt, eigene Publikationen gegründet und
die bisher fast nur aus Käfern bestehenden Sammlungen entsprechend den Ideen, die
mich bei der Reorganisation der Deutschen Entomologischen Gesellschaft 1907—1909
geleitet hatten, auf das ganze Gebiet der Insekten ausgedehnt. Demselben Entwick-
lungsgang entsprach 1920 mein Antrag an die Stadt Berlin, den Namen „Deutsches
Entomologisches Museum“ in „Deutsches Entomologisches Institut“ zu ändern, wo-
durch das letztere von dem einseitigen „Museal-Typus“ abzurücken begann; ja,
ostentativ wurden die Sammlungen an letzter Stelle der „Archiv-Abteilung“ ge-
führt. Von 1921 an drohte dem Institut, das noch immer als städtische Stiftung
allein auf sein Vermögen angewiesen war, durch die Inflation der Untergang und
deshalb ging die Stadt Berlin gern auf meinen Vorschlag ein, diese unbequeme Last
abzugeben. Bei dieser Gelegenheit wurde zielbewußt eine weitere Umstellung ver-
sucht, indem ich Erforschung der Insektenmetamorphosen und Annäherung an
Forschungsaufgaben der angewandten Entomologie vorschlug. Verhandlungen mit
1 Mit einer Abbildung im Tafelanhang.
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