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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

DOI Artikel:
Castillejo, José: Die wissenschaftlichen Forschungsinstitute in Spanien
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0619

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DIE WISSENSCHAFTLICHEN
FORSCHUNGSINSTITUTE IN SPANIEN
Von
Dr. JOSE CASTILLEJO
o. ö. Professor an der Universität Madrid
IM 19. Jahrhundert waren die sozialen und politischen Verhältnisse in Spanien
für die Wissenschaft nicht günstig. Die Institute, die sich heute der Pflege
der Wissenschaft widmen, entstanden, abgesehen von den Universitäten, entweder
im 18. Jahrhundert, unter dem internationalen, kosmopolitischen und optimisti-
schen Einfluß der Aufklärung, die in Spanien ihren Höhepunkt mit Karl m. er-
reichte, oder im 20. Jahrhundert, unter dem Antrieb zum Wiederaufbau, der von
dem kolonialen Unglück Spaniens und schließlich dem Krieg mit den Vereinigten
Staaten ausging.
Die wissenschaftliche Bewegung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
das Werk einer aufgeklärten Minderheit inmitten einer ungebildeten Masse, ging
nicht von den Universitäten aus, die im Verfall waren, sich jeglicher Neuerung
widersetzten und von der zentralen Gewalt unabhängig waren. Man mußte in-
folgedessen versuchen, außerhalb der Universitäten das zu vollbringen, was sie
selbst zu leisten nicht imstande waren. So wurden
a) Schulen für Mathematik, Medizin, Ingenieurwesen, Tierheilkunde und Handel
errichtet;
b) die Verbindung mit der ausländischen Wissenschaft mittels Stipendien auf-
genommen, wissenschaftliche Forschungen unternommen, viele davon von
internationaler Bedeutung, und außerdem wichtige Werke der Geographie,
der Naturwissenschaften und der Geschichte Spaniens und Amerikas ver-
öffentlicht;
c) uneigennützige, wissenschaftliche Einrichtungen, die nicht die Aufgabe hatten,
auf einen bestimmten Beruf vorzubilden, wie die Akademien und Bibliotheken,
botanischen Gärten, astronomischen Observatorien und Laboratorien, gegrün-
det. An einige von ihnen wurden ausländische Wissenschaftler berufen.
Ein Teil dieser Schöpfungen fand nicht den rechten Boden und ging infolge-
dessen und auch aus Mangel an Mitteln wieder ein. Der andere lebte weiter und
wurde teilweise dem offiziellen Lehrsystem des 20. Jahrhunderts eingefügt, wo-
mit er natürlich auch die straffe Organisation und die Einstellung auf berufliche
Fachausbildung, z. B. Ingenieurschule, tierärztliche Schule usw. übernahm, wenn
auch einige Einrichtungen nach wie vor den beweglicheren, moderneren Geist
ihrer Gründer beibehielten.
Das 19. Jahrhundert begann mit den napoleonischen Kriegen. Dann folgte ein
teils offener, teils heimlicher Bürgerkrieg zwischen der liberalen Richtung, die
am politischen Leben Gesamteuropas teilnehmen, und der absolutistischen und
klerikalen Richtung, die auf das spanische Leben des 17. Jahrhunderts zurück-
greifen wollte.
Die Unruhe dieses Kampfes, in dem häufig eine Regierung die ganze Arbeit der
vorangegangenen vernichtete, und die Furcht vor dem Eindringen ausländischer
politischer Strömungen und vor den Gefahren einer von jeder kirchlichen Zensur

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