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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Thienemann, August: Die Hydrobiologische Anstalt der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0246

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DIE HYDROBIOLOGISCHE ANSTALT
DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT
Von
Professor Dr. AUGUST THIENEMANN
Leiter der Hydrobiologischen Anstalt in Plön in Holstein
IM Jahre 1892 gründete Otto Zacharias eine „Biologische Station“ in Plön und
schuf so die erste Anstalt zur Erforschung des Lebens der Binnengewässer. Nach
Zacharias’ Tode nahm sie am 1. Juli 1917 die Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur
Förderung der Wissenschaften in den Kreis ihrer Forschungsinstitute auf; sie trägt
seitdem die Bezeichnung „Hydrobiologische Anstalt“.
Der Name bringt ihre Aufgabe zum Ausdruck. Hydrobiologie ist die Wissen-
schaft vom Leben im Wasser; aber nicht etwa nur „Wasserzoologie“ und „Wasser-
botanik“ im allgemeinen, sondern die Wissenschaft von den Besonderheiten der
Organismenwelt des Wassers, die als Anpassungen an die Besonderheiten des
Mediums, des Wassers, erscheinen. „Die Hydrobiologie versucht also, spezifische
Form und Leben sowie die Verteilung der Pflanzen und Tiere des Wassers aus den
besonderen Lebensbedingungen, die das Wasser im Gegensatz zum Lande bietet, zu
verstehen. So definiert aber ist die Hydrobiologie eine in ihren Zielen durchaus selb-
ständige Wissenschaft oder zum mindesten ein selbständiger Zweig der allgemeinen
biologischen Wissenschaft.“
Die Hydrobiologie ist also in erster Linie eine ökologische Wissenschaft; sie
untersucht den Einfluß der Milieubedingungen, die das Wasser im Gegensatz zum
Lande besitzt, auf die Lebewelt; sie versucht, die Besonderheiten der Organismen
des Wassers aus den Besonderheiten ihres Lebensraumes zu verstehen. Damit ergibt
sich von selbst, daß sie nicht nur die Organismen der Gewässer nach Form, Lebens-
weise und Verbreitung studiert, sondern daß sie ebenso den Lebensbedingungen ihre
Aufmerksamkeit schenken muß. Lage, Bau der Wasserbecken, chemische Zu-
sammensetzung des Wassers und sein physikalisches Verhalten usw. werden von ihr
ebenso untersucht wie die Pflanzen- und Tierwelt. Das Plöner Institut ist eine An-
stalt für die Hydrobiologie der Binnengewässer, auf das Meer erstrecken sich ihre
Untersuchungen nicht; ihre örtliche Lage, am Ufer eines der größten norddeutschen
Seen, macht es verständlich, daß ihr Hauptarbeitsgebiet die Seen der baltischen
Tiefebene sind, doch greift sie über auch auf Seen und Binnengewässer anderer
Gegenden überhaupt; ja sie hat in der letzten Zeit auch tropische Binnengewässer in
den Bereich ihrer Untersuchungen einbezogen. Die Hydrobiologie ist eine synthe-
tische Wissenschaft; sie muß die Methoden nicht nur des Biologen, sondern auch
des Geographen und Geologen, des Hydrographen, des Chemikers und Physikers
verwenden und für ihre Zwecke verändern und umgestalten. Daraus ergibt sich eine
besondere Vielgestaltigkeit des Instrumentariums einer solchen Anstalt.
Ein konkretes Beispiel mag diese Arbeitsweise veranschaulichen.
Untersuchungen in den Maaren der Eifel hatten gezeigt, daß die Tiefenfauna
der einen Gruppe dieser kleinen vulkanischen Seen charakterisiert ist durch das
Massenauftreten von Mückenlarven der Gattung Chironomus, während diese in den
andern Maaren ersetzt werden durch solche Larven der Tanytarsus-Gruppe. Weiter

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