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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Ruttner, Franz: Die Biologische Station in Lunz am See (Kupelwiesersche Stiftung)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0241

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DIE BIOLOGISCHE STATION IN LUNZ AM SEE
(KUPELWIESERSCHE STIFTUNG)
Von
Dr. franz ruttner
Leiter der Biologischen Station in Lunz am See
DIESES Institut ist eine Gründung Dr. Karl Kupelwiesers, des bekannten öster-
reichischen Freundes und Förderers der Wissenschaft, der es im Jahre 1906 der
limnologischen Forschung schenkte und ihr damit die erste bleibende Arbeitsstätte
in den Ostalpen schuf.
Aufgabe der Anstalt ist vornehmlich die Erforschung des Lebens und seiner
Abhängigkeiten in alpinen Gewässern. Im Laufe der Zeit erweiterte sich jedoch der
Tätigkeitsbereich. In dem Bestreben, die Möglichkeiten ihres Gebietes voll auszu-
nutzen, bemüht sich die Lunzer Station, Gelehrten der verschiedensten Richtungen
eine Arbeitsstätte zu bieten und so naturwissenschaftliche Alpenforschung im
weitesten Sinne des Wortes zu treiben.
Das Arbeitsgebiet ist für die Verfolgung vieler alpiner Fragen überaus günstig
und wurde als solches auch schon lange vor der Begründung der Anstalt von be-
rufenster Seite (R. Wettstein) erkannt. Es umfaßt vor allem den Dürrensteinstock
in den niederösterreichischen Kalkalpen, eine mächtige Scholle von Dachsteinkalk,
welche die gebirgsbildenden Kräfte bei der Auftürmung der Alpen weit über das
Vorland geschoben haben. Schon durch seinen geologischen Aufbau eines der
klassischen Gebiete der Ostalpen zeigt dieses Gebirge in den Lebensgemeinschaften,
die es beherbergt, eine Mannigfaltigkeit, wie sie auf so engem Raume kaum an einem
anderen Orte wiedergefunden wird. Es enthält in einem tief eingeschnittenen Tal
vor allem drei Seen, die stufenförmig übereinander liegen und ganz verschiedene
Typen alpiner Gewässer verkörpern. In unmittelbarer Nähe der Anstalt liegt der
Untersee (Höhe über dem Meere 608 m, Flächenausdehnung 64 ha, Tiefe 34 m), ein
subalpiner Wannensee glazialer Entstehung, der trotz seiner geringen Größe alle
charakteristischen Merkmale der Alpenrandseen besitzt. Im oberen Abschluß des
Tales füllt der Obersee mit 14 ha und 17 m Tiefe einen großen Kessel (H. ü. d. M.
1113 m). Er ist mit seiner sechs Monate währenden Eisbedeckung und den gewal-
tigen winterlichen Schneemassen klimatisch den Hochalpenseen zuzurechnen und
hat mit seinen ausgedehnten Schwingmooren sowohl äußerlich als auch durch seine
mikroskopische Pflanzen- und Tierwelt ein ganz anderes Gepräge als der Untersee.
In seiner Umgebung erstreckt sich ein Zug kleiner, noch gänzlich unberührter Hoch-
moore, die abgesehen von ihrer interessanten rezenten Flora in den Mikro-
fossilien ihrer Torfablagerungen die Vegetationsgeschichte des Gebietes von der Eis-
zeit bis auf unsere Tage widerspiegeln. Zwischen Ober- und Untersee liegt der kleine
und seichte Mittersee, ein Quellsee von ganz geringer jährlicher Temperatur-
schwankung, der durch diese seine Eigenschaft die Heimat so mancher kaltsteno-
thermer Tiere und Pflanzen geworden ist. Außer den Seen umfaßt das Gebiet zahl-
reiche Kleingewässer, wie die interessanten Almtümpel auf dem Plateau des Dürren-
steins, und eine Fülle von fließenden Gewässern mit beträchtlichen Unterschieden der

Forschungsinstitute II, 15.

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