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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

DOI Artikel:
Wachsmuth, Richard: Der Physikalische Verein und seine Bedeutung für die Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0254

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DER PHYSIKALISCHE VEREIN
UND SEINE BEDEUTUNG FÜR DIE FORSCHUNG
Von
Geheimrat Dr. RICHARD WACHSMUTH
o. ö. Professor an der Universität Frankfurt a. M.
ALLE naturwissenschaftliche Forschung in Frankfurt geht letzten Endes auf
IT Johann Christian Senckenberg zurück. Dieser hochgebildete und seiner Zeit
geistig voraneilende Frankfurter Arzt (1717—1772) ist weit über die Grenzen seiner
engeren Heimat durch seine Stiftungen bekannt geworden. Als erster hat er ein
Krankenhaus für Frankfurter Bürger errichtet, und wir sehen somit sein „Bürger-
hospital“ am Anfang des Weges, der zu den großen Kliniken der Gegenwart führt.
Der kranke Bürger wird nicht mehr in seiner Wohnung gepflegt, sondern sucht
ein für ärztliche Behandlung besonders vorbereitetes Krankenhaus auf. Neben
dieser, praktischen Zielen dienenden Schöpfung verwandte Senckenberg sein für
jene Zeit sehr stattliches Vermögen für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung
„in re medica“. Ein medizinisches Institut war für anatomische und pathologische
Untersuchungen bestimmt; er sammelte eine Bibliothek wesentlich medizinischer
Literatur; er legte einen botanischen Garten an; er schuf ein kleines chemisches
Laboratorium; alles vereinigte er auf einem großen Gelände am Eschenheimer Tor.
Ein Sturz von dem noch unvollendeten Bau des Bürgerhospitals führte seinen Tod
herbei; ein umfänglicher Stiftungsbrief verfügt über seinen Nachlaß. Alles soll
durch eine Stiftungsverwaltung geregelt werden, die auch jetzt noch bestehende
„Dr. Senckenbergische Stiftungsadministration“. Vornehmlich das Frankfurter
Ärztekollegium war in ihr vertreten. In der Annahme, daß das praktischen Zwecken
dienende Hospital sich durch Zuwendungen der Bürger allein erhalten werde, hatte
Dr. Senckenberg sein ganzes Barvermögen zur Förderung seiner wissenschaft-
lichen Institute bestimmt. Es ist verständlich, daß eine auf dieses Testament ge-
stützte und von klugen Männern geleitete Stiftungsverwaltung entscheidenden Ein-
fluß auf die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Bestrebungen in Frankfurt
gewinnen mußte.
Man darf wohl, wenigstens zum Teil, die Anregung zu einer Weiterentwicklung
auf Goethe zurückführen, der in seiner „Reise am Rhein, Main und Neckar in den
Jahren 1814 und 1815“ auf die Möglichkeit hin wies, durch Herbeiziehung eines tüch-
tigen Physikers für „wichtige, insgeheim immer genährte Bedürfnisse“ zu sorgen
und „mancher verderblichen Anwendung von Zeit und Kräften eine edle Richtung
zu geben“.
1817 wurde die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft gegründet.
Sieben Jahre später folgte die Gründung des Physikalischen Vereins. Die
Schwestergesellschaft pflegte vor allem Zoologie und Mineralogie und legte ein
Museum an. Physik und Chemie mußten dort notgedrungen in den Hintergrund
treten, und doch waren gerade um die Jahrhundertwende so umwälzende Ent-
deckungen auf den Gebieten der exakten Naturwissenschaften gemacht worden,
daß der Wunsch, sie zu verstehen und weiterzuentwickeln, in einem Kreis von
wissenschaftlich denkenden Männern, zunächst wohl Ärzten, verständlich war.

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