DIE FORSCHUNGSINSTITUTE IN DER
TSCHECHOSLOWAKEI
Von
Dr. VACLAV DOLEJSEK
a. o. Professor an der Karls-Universität in Prag
Direktor des Röntgenospektroskopischen Instituts an der Karls-Universität in Prag
MIT der Erneuerung der politischen Selbständigkeit hob sich in der Tschecho-
slowakei auch die selbständige wissenschaftliche Forschung unabhängig von
den wissenschaftlichen Hochschulanstalten, die bisher, zugleich mit den durch
nationale Selbsthilfe entstandenen Institutionen, ihre Grundlage bildeten. Auf den
naturwissenschaftlichen und technischen Gebieten wurde in dieser Hinsicht mit
Beihilfe des Staates und der privaten Initiative sehr viel geleistet, obgleich auch
hier die neuen wissenschaftlichen und Arbeitsorganisationen führten.
Bis zum Kriegsausbrüche war die außerhalb der Universitäten durchgeführte
wissenschaftliche Arbeit in zwei gelehrten Gesellschaften konzentriert: in der Kgl.
Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften (Krälovskä spolecnost nauk), die im
letzten Drittel des 18. Jahrhunderts gegründet wurde, und in der Böhmischen Aka-
demie der Wissenschaften und Künste (Akademie ved a umeni) aus dem letzten
Dezennium des 19. Jahrhunderts. Beide pflegten vorwiegend die historischen und
die philologischen Disziplinen sowie die Naturwissenschaften. Besonders die mit
reichlicheren finanziellen Mitteln ausgestattete Akademie entwickelte eine eifrige
Forschungs- und Editionstätigkeit (hauptsächlich in der Herausgabe von histori-
schen und literarischen Quellen), da sie zahlreiche Spezialkommissionen hatte
(lexikographische, topographische, archäologische usw.). Die übrigen ähnlichen
Organisationen verbanden die wissenschaftliche Tätigkeit mit der volkserziehe-
rischen, wie der Böhmische Verein (Musealsektion für die wissenschaftliche Pflege
der tschechischen Literatur und Sprache) in Prag, der Mährische Verein in Brünn
(Brno) und der Slowakische Verein in Turcansky Svaty Martin. Auch das seit dem
Jahre 1818 bestehende National- (früher Landes-) Museum in Prag tat außer seiner
Sammeltätigkeit viel für die Förderung der wissenschaftlichen Arbeit.
Im letzten Jahrzehnt kam dazu die Gelehrte Gesellschaft in Bratislava (Ucenä
spolecnost v Bratislave), die im Jahre 1926 gegründet wurde und ähnlich organi-
siert ist wie die beiden Prager Gelehrtengesellschaften. Im Jahre 1928 wurden zwei
bedeutende Anstalten gegründet: das Orientalische und das Slawische Institut für
das Studium und die Forschung der orientalischen und besonders der slawischen
Fragen auf allen wissenschaftlichen und nationalökonomischen Gebieten.
Die Arbeit des Slawischen Instituts wird, abgesehen von anderen Faktoren,
auch durch die reichliche Zahl der in Prag befindlichen russischen Slawisten und
besonders durch die reichhaltige Slawische Bibliothek und das Russische Archiv
in Prag wesentlich erleichtert, obgleich diese beiden mit dem Slawischen Institut
nicht organisatorisch verbunden sind. Das Tschechoslowakische Auslandinstitut
und die Tschechoslowakische Gesellschaft für das Studium der Minderheiten (Csl.
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TSCHECHOSLOWAKEI
Von
Dr. VACLAV DOLEJSEK
a. o. Professor an der Karls-Universität in Prag
Direktor des Röntgenospektroskopischen Instituts an der Karls-Universität in Prag
MIT der Erneuerung der politischen Selbständigkeit hob sich in der Tschecho-
slowakei auch die selbständige wissenschaftliche Forschung unabhängig von
den wissenschaftlichen Hochschulanstalten, die bisher, zugleich mit den durch
nationale Selbsthilfe entstandenen Institutionen, ihre Grundlage bildeten. Auf den
naturwissenschaftlichen und technischen Gebieten wurde in dieser Hinsicht mit
Beihilfe des Staates und der privaten Initiative sehr viel geleistet, obgleich auch
hier die neuen wissenschaftlichen und Arbeitsorganisationen führten.
Bis zum Kriegsausbrüche war die außerhalb der Universitäten durchgeführte
wissenschaftliche Arbeit in zwei gelehrten Gesellschaften konzentriert: in der Kgl.
Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften (Krälovskä spolecnost nauk), die im
letzten Drittel des 18. Jahrhunderts gegründet wurde, und in der Böhmischen Aka-
demie der Wissenschaften und Künste (Akademie ved a umeni) aus dem letzten
Dezennium des 19. Jahrhunderts. Beide pflegten vorwiegend die historischen und
die philologischen Disziplinen sowie die Naturwissenschaften. Besonders die mit
reichlicheren finanziellen Mitteln ausgestattete Akademie entwickelte eine eifrige
Forschungs- und Editionstätigkeit (hauptsächlich in der Herausgabe von histori-
schen und literarischen Quellen), da sie zahlreiche Spezialkommissionen hatte
(lexikographische, topographische, archäologische usw.). Die übrigen ähnlichen
Organisationen verbanden die wissenschaftliche Tätigkeit mit der volkserziehe-
rischen, wie der Böhmische Verein (Musealsektion für die wissenschaftliche Pflege
der tschechischen Literatur und Sprache) in Prag, der Mährische Verein in Brünn
(Brno) und der Slowakische Verein in Turcansky Svaty Martin. Auch das seit dem
Jahre 1818 bestehende National- (früher Landes-) Museum in Prag tat außer seiner
Sammeltätigkeit viel für die Förderung der wissenschaftlichen Arbeit.
Im letzten Jahrzehnt kam dazu die Gelehrte Gesellschaft in Bratislava (Ucenä
spolecnost v Bratislave), die im Jahre 1926 gegründet wurde und ähnlich organi-
siert ist wie die beiden Prager Gelehrtengesellschaften. Im Jahre 1928 wurden zwei
bedeutende Anstalten gegründet: das Orientalische und das Slawische Institut für
das Studium und die Forschung der orientalischen und besonders der slawischen
Fragen auf allen wissenschaftlichen und nationalökonomischen Gebieten.
Die Arbeit des Slawischen Instituts wird, abgesehen von anderen Faktoren,
auch durch die reichliche Zahl der in Prag befindlichen russischen Slawisten und
besonders durch die reichhaltige Slawische Bibliothek und das Russische Archiv
in Prag wesentlich erleichtert, obgleich diese beiden mit dem Slawischen Institut
nicht organisatorisch verbunden sind. Das Tschechoslowakische Auslandinstitut
und die Tschechoslowakische Gesellschaft für das Studium der Minderheiten (Csl.
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