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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Jürgens, Adolf: Die Organisation der Forschung in den skandinavischen Ländern mit Berücksichtigung des Carlsbergfond
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0670

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DIE ORGANISATION DER FORSCHUNG
IN DEN SKANDINAVISCHEN LÄNDERN MIT
BERÜCKSICHTIGUNG DES CARLSBERGFOND
Von
Bibliotheksrat Dr. ADOLF JÜRGENS
Geschäftsführer des Bibliotheksausschusses der Notgemcinschaft der Deutschen Wissenschaft
(Deutsche Forschungsgemeinschaft), Berlin
DAS Verhältnis von Staatsgewalt und Forschung hat bisher keinen Historiker
gefunden, der dieses interessante Gebiet systematisch bearbeitet hätte, obwohl
die wechselnden Strömungen der Staatspolitik und Geistesgeschichte beide Kultur-
mächte als Freund und Feind in wechselndem Verhältnis zeigen. Es spielen in diese
Frage aber nicht allein Momente der politischen und geistigen Entwicklung hinein,
sondern auch rein verwaltungsmäßige Gesichtspunkte. Mit der politischen Blüte
des Staates sind häufig Höhepunkte der Forschung verbunden gewesen, und der
Staat hat in diesen Zeiten häufig in väterlicher Fürsorge sich der Wissenschaft an-
genommen. Es lassen sich aber auch Beispiele linden, daß die Idee der reinen For-
schung als im Widerspruch zum Staatsinteresse angesehen wurde, oder auch als
nicht vereinbar mit bestimmten Staatsformen, ebenso wie eine starke politische
Betätigung des Staates häufig zu einer Verkürzung der für die Forschung bereit-
gestellten Mittel führte. Das Verhältnis von Staat und Wissenschaft hat sich stets
innerhalb der zwei Gegenpole Macht und Freiheit abgespielt, da in diesen zwei
Ideen die tiefsten Unterschiede dieser Gewalten ausgedrückt sind. Sicher ist es, daß
die Weiterleitung des allgemein anerkannten Wissens an die junge Generation erst
durch das Eingreifen des Staates den heute erreichten hohen Stand erklommen hat.
Die Lehre kann man durch Lehrpläne und Verfügungen fördern und allgemein ver-
breiten, der schöpferische Gedanke ist nicht durch Dekrete hervorzurufen. Hier
sind die Grenzen des Staatseinflusses, wobei natürlich nicht verkannt werden darf,
daß der Staat ebenfalls durch materielle Förderung der Forschung ungemein viel
tun kann. Es gibt Gebiete, auf denen auch unser stark sozialistisches Zeitalter ge-
mischtwirtschaftliche Betriebe reinstaatlichen Organisationsformen vorzuziehen
scheint. Es hat den Anschein, daß gerade dasGebiet der eigentlichen Forschung in den
letzten Jahrzehnten mehr und mehr in allen Ländern — zwar in enger Verbindung
mit den Lehrstätten der Forschung, den Universitäten und ihrer staatlichen Ver-
waltung — seine Hauptpflege in halbstaatlichen Gebilden von mehr oder weniger
stiftungsmäßigem Charakter findet, wobei gewisse Parallelen zu den gemischt-
wirtschaftlichen Betrieben in der Industrie und ihren Vorzügen vor dem reinen
Staatsbetrieb sich von selbst darbieten, wenngleich der Unterschied darin besteht,
daß in den wissenschaftlichen Instituten gerade der Gedanke der Selbstverwaltung
entscheidend ist, während in den gemischtwirtschaftlichen Betrieben der Staat
durch seine Beauftragten in der Verwaltung viel stärker mitwirkt. Wenn in den
letzten Jahren derartige freiere Selbstverwaltungskörper der Wissenschaft ent-
standen sind, so kehren sie damit in gewisser Weise zurück zu dem ursprünglichen
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