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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

DOI article:
Stellwaag, Fritz: Die Zoologische Station der Staatlichen Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Neustadt a. d. Hardt
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0244

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DIE ZOOLOGISCHE STATION DER STAATLICHEN
VERSUCHSANSTALT FÜR WEIN- UND OBSTBAU
IN NEUSTADT a. d. HARDT
Von
Professor Dr. FRITZ STELLWAAG
IM Jahre 1898 wurde in Neustadt a. d. Hardt (bayrische Rheinpfalz) eine Anstalt
für Wein- und Obstbau ins Leben gerufen. Ihre Betätigung sollte zunächst eine
phytopathologische sein. Sie hatte die vorhandenen Erfahrungen zu sammeln, be-
währte Neuerungen den beteiligten Kreisen zu übermitteln und eigene Versuche zur
Förderung der Betriebsweise des Wein- und Obstbaues anzustellen. Mit der Zu-
nahme der Einzelaufgaben vergrößerte sich das Arbeitsgebiet, so daß in den
späteren Jahren neben der fachlichen Bildungsstätte eine botanische und chemische
Abteilung eingerichtet wurde. Die Leiter haben insofern eine Doppelstellung, als
sie sowohl wissenschaftliche Untersuchungen ausführen wie theoretischen Unter-
richt geben.
Da der Wein- und Obstbau um die Jahrhundertwende außerordentliche Ernte-
verluste durch tierische Schädlinge erlitt, wurde durch den bayrischen Staat eine
zoologische Forschungsstelle geschaffen, die von jeder Lehrtätigkeit und äußeren
Belastung frei sein sollte. Sie wurde 1906 gegründet mit der ausdrücklichen Be-
stimmung, daß sie durch selbständige wissenschaftliche Leistungen sich am Fort-
schritt beteiligt und daß ihr Leiter ein Zoologe ist. Durch Unterstützung des Reichs-
ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sowie des bayrischen Ministe-
riums für Landwirtschaft und Arbeit wurde sie in den letzten Jahren in einem Neu-
bau untergebracht, der für die in Frage kommenden speziellen Aufgaben aufs beste
ausgestattet ist. Sie verfügt über neun große Räume (darunter drei Laboratorien),
ein Gewächshaus und Versuchsfelder. Entsprechend ihren Einrichtungen und ihren
Zielen nimmt sie unter den verschiedenen deutschen Versuchsanstalten für Wein-
und Obstbau eine Sonderstellung ein. Da sie hauptsächlich entomologisch arbeitet,
stellt sie eine der wenigen deutschen Forschungseinrichtungen für angewandte
Entomologie dar.
Allgemein ist es die Aufgabe der zoologischen Station, durch wissenschaftliche
Untersuchungen und durch Versuche über praktisch wichtige Fragen zur Förderung
des heimischen Wein- und Obstbaues beizutragen. Die speziellen Verhältnisse im
Wein- und Obstbau der Rheinpfalz stellen immer wieder neue Forderungen an
biologisch-physiologische Arbeit. So sind im Laufe der letzten Jahre zwei bisher un-
bekannte Schädlinge im Weinbau katastrophal aufgetreten und fünf im Obstbau,
deren Lebensweise bisher nicht oder nur ungenügend bekannt war.
Die Hauptaufgabe ist das Studium der schlimmsten Ertragsschädlinge, die die
Landwirtschaft kennt, der Traubenwickler (Clysia ambiguella und Polychrosis
botrana) im Weinbau. Daneben waren im Weinbau noch Untersuchungen über die
durch Milben erzeugte Kräuselkrankheit notwendig. Im Obstbau wird zur Zeit das
Hauptgewicht auf das Studium des Baumweißlings (Aporia crataegi), der Pflaumen-
sägewespen (Hoplocampa flava und minuta), der Birngallmücke (Contarinia pyri-
vora), der Obstmade (Carpocapsa pomonella), des Birnknospenstechers (Anthono-

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