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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Nocht, Bernhard: Das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0091

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DAS INSTITUT FÜR SCHIFFS- UND TROPEN-
KRANKHEITEN IN HAMBURG
Von
Obermedizinalrat Dr. BERNHARD NOCHT
o. ö. Professor an der Hamburgischen Universität
Direktor des Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg
DAS Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg ist 1900, nur etwa
ein Jahr später als die Liverpool School of Tropical Medicine und die London
School of Hygiene and Tropical Medicine, die beide trotz ihres die Lehrtätigkeit
betonenden Namens erstklassige Forschungsinstitute auf dem Gebiete der Tropen-
medizin und Hygiene mit hervorragenden Leistungen sind, gegründet worden.
Auch das Hamburger Institut widmet sich nicht bloß der Forschung, sondern
verfolgt auch Lehrzwecke, insbesondere die Vorbereitung und Fortbildung von
Ärzten, die in die Tropen gehen wollen oder von dort auf Urlaub zur weiteren
Fortbildung die Heimat aufsuchen. Auch die Vorbereitung und Fortbildung von
Schiffsärzten gehören zu den Lehraufgaben des Instituts. Hierüber soll aber in
folgendem nicht berichtet werden.
Die ungefähr gleichzeitige Gründung dreier Institute, der ersten in Europa,
zur Erforschung der Tropenkrankheiten ist kein Zufall. Sie ist zurückzuführen
auf die kurz vorher erfolgte Entdeckung der Übertragung der Malariaparasiten
von Mensch zu Mensch durch eine bestimmte Art von Stechmücken und auf die
etwa zur selben Zeit beginnende Klärung der Ätiologie einiger anderer wichtiger
Tropenkrankheiten. Endlich sah man Angriffspunkte, an denen der Hebel zur
weiteren Forschung eingesetzt werden konnte, während man sich vorher mit
physiologischen und klimatologischen Forschungen in den Tropen selbst um
Aufschluß über das Wesen der Tropenkrankheiten vergebens bemüht hatte.
Die meisten und wichtigsten Tropenkrankheiten werden nicht durch das
Klima unmittelbar bedingt, sondern es handelt sich dabei um Infektionskrank-
heiten, die insofern durch das Tropenklima begünstigt werden, als ihre Erreger
— meist keine Bakterien, sondern Protozoen — durch stechende Insekten oder
andere Arthropoden übertragen werden, nachdem sie in diesen Tieren eine zur
Vermehrung führende, mehr oder weniger komplizierte Entwicklung und Wan-
derung durchgemacht haben. Diese übertragenden Wirtstiere sind in wärmeren
Klimaten häufiger zu finden und gedeihen besser als im gemäßigten oder kalten
Klima. Zur Erforschung und Bekämpfung der Tropenkrankheiten ist daher ein
Zusammenarbeiten des Klinikers mit dem Mikrobiologen, insbesondere dem Pro-
tozoenforscher, dem Entomologen und dem Pharmakologen und Chemiker er-
forderlich. Für solche Zusammenarbeit fanden sich damals noch nirgends ge-
eignete Stätten in Europa, in Deutschland fehlte namentlich die Zusammenarbeit
von Zoologen und Medizinern. Ich erinnere mich noch der abfälligen Äußerung
eines unserer ersten Bakteriologen und Hygienikers darüber, daß der junge
Zoologe Schaudinn, ein damals schon bewährter Protozoenforscher, es gewagt
hatte, sich auch mit der Malaria zu beschäftigen.

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