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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Unna, Paul: Das Hamburger Dermatologicum Professor P. G. Unnas
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0126

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DAS HAMBURGER DERMATOLOGICUM
PROFESSOR P. G. UNNAS
Von
Dr. PAUL UNNA jun., Hamburg
IN den folgenden Zeilen soll der Versuch gemacht werden, zu beweisen, daß
wissenschaftliche Forschungs- und Lehrinstitute auch ohne Staatshilfe oder opu-
lente Geldunterstützung durch Finanzgrößen entstehen und existieren können, daß
es vielmehr auf die Persönlichkeit und das organisatorische Geschick des Institut-
leiters ankommt.
Das Forschungsinstitut ist nur eine Funktion des forschenden Gelehrten. Die
Allgemeinheit kann das Forschungsinstitut unterstützen, indem sie dem Forscher
die Wege ebnet, durch geldliche Beihilfe oder dadurch, daß sie bestehende Schwie-
rigkeiten aus dem Wege räumt, seinem Wissen und Wollen aber keine Fesseln
irgendwelcher Art anlegt.
Das hier in Betracht zu ziehende Dermatologicum P. G. Unnas hat sich aus
allerkleinsten Anfängen entwickelt. Seine Entstehung und sein Wachstum bis zu
seiner Blüte ist aufs engste verknüpft mit seinem Gründer, P. G. Unna. — Als Vor-
läufer des Instituts kann man vielleicht das Dachstübchen in der alten Anatomie der
Universität Straßburg bezeichnen, wo der junge Student 1876 unter Waldeyers
Leitung seine auch heute noch lesenswerte Dissertation über die Entwicklungs-
geschichte und Anatomie der Haut verfaßte. In dieser, ihrer Zeit weit vorauseilenden
Schrift versuchte der junge Mediziner auf Grund von typischen Färbungen eine Art
Histochemie der Gewebe anzubahnen. Diese Arbeit, welche eine große Reihe neuer
Befunde und Theorien enthält, wirkte seinerzeit revolutionierend, stieß daher bei
der Schuldoktrin auf erheblichen Widerstand, andererseits aber schuf sie ihrem
Verfasser den Ruf eines histologischen Forschers.
Nachdem er der akademischen Karriere entsagt hatte, widmete sich P. G. Unna
der Praxis in seiner Vaterstadt Hamburg, konnte aber bei seinem Ideenreichtum
ohne ein Laboratorium nicht auskommen, welches er in kleinstem Maßstabe in
seiner 1884 neugegründeten Klinik errichtete.
Einige Jahre später, 1886, als er mit Adolf Lutz, dem brasilianischen Bakterio-
logen, über Lepra arbeiten wollte, richtete er ein Zimmerchen von 5,2 qm als ge-
meinsames Laboratorium ein. In diesem kleinen Raume wurde die fundamentale
Tatsache entdeckt, daß im Leibe von Lepra- und Tuberkelbazillen als regelmäßige
Bestandteile jodfeste Körner, die sogenannte Kokkothrixform, vorhanden sind.
P. G. Unna, der sich damals viel mit histochemischen Fragen und Arbeiten über
die chemische Theorie der Färbungen beschäftigte, konnte zeigen, daß diese jod-
festen Körner eine starke Verwandtschaft zu den nicht-methylierten Pararosanili-
nen, nicht aber zu den methylierten Rosanilinen zeigen. Doch schon im nächsten
Jahre war diese Arbeitsstätte zu klein geworden, denn zugleich mit seinem ständig
wachsenden internationalen Ruf als Arzt und Gelehrter mehrte sich die Zahl der
Patienten. Die 1881 gegründete, 1884 neuerbaute Klinik mußte bald durch neue
Häuser vergrößert werden. Zur selben Zeit meldeten sich aber immer zahlreichere

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