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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Meyer, Konrad: Aufgaben und Ziele der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0293

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AUFGABEN UND ZIELE DER
DEUTSCHEN VERSUCHSANSTALT FÜR LUFTFAHRT
Von
Dipl.-Ing. KONRAD MEYER, Charlottenberg
DIE deutsche Luftfahrt ist auf wissenschaftlicher Grundlage erwachsen. Die Fülle
der Probleme wuchs mit fortschreitender Erfahrung. Die konstruktive Durch-
dringung im Luftfahrzeugbau verlangte zahlreiche theoretische und experimentelle
Vorarbeiten, die über den Rahmen praktischer Ingenieurtätigkeit hinausgingen.
Gleichlaufende Untersuchungen an den verschiedensten Stellen der Praxis durch-
zuführen, wäre unwirtschaftlich gewesen. In luftfahrttechnischen Kreisen machte
sich daher bald das Bedürfnis nach einer unabhängigen, technisch-wissenschaft-
lichen Versuchsanstalt geltend. Sie sollte die beständig neu auftauchenden
Probleme aller Art klären und außerdem die vielseitigen Erzeugnisse der Industrie
unparteiisch prüfen.
GRÜNDUNG UND ENTWICKLUNG DER DVL
So wurde im April 1912 die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) unter
Führung des Reichsamts des Innern in der Form eines eingetragenen Vereins von
Reichs- und preußischen Behörden, Verbänden und Werken der Industrie, Ver-
einigungen des Verkehrs, der Wissenschaft und von Privatpersonen gegründet. Ein
Vertrag mit der Terrain-Aktiengesellschaft am Flugplatz Johannisthal-Adlershof
sicherte der Versuchsanstalt ein Trennstück von 1 ha in der östlichen, Berlin-
Adlershof zunächst gelegenen Ecke des Flugplatzes, das dreiviertel Jahr später
auf insgesamt 3 ha vergrößert wurde. Als erste ehrenvolle, aber auch verantwor-
tungsvolle und technisch schwierige Aufgabe fiel der DVL die amtliche Prüfung des
besten deutschen Flugmotors im Kaiser preis-Wettbewerb 1913 zu. Innerhalb von zehn
Wochen mußten 44 Motoren und 24 Ersatzmotoren geprüft werden. Die DVL be-
stand die Feuerprobe: In wenigen Monaten standen ihrer Motorenabteilung fünf neu
entworfene Motorenprüfstände nebst Arbeitshallen und Werkstätten zur Verfügung.
Neben der Motorenabteilung wurden noch während des Wettbewerbs die Flug-
zeugabteilung zur Bearbeitung der konstruktiven Fragen des Flugzeugbaues
und die Physikalische Abteilung für aerodynamische Untersuchungen, Luftschrauben-
versuche und physikalische Aufgaben ins Leben gerufen. Diese Abteilungen bildeten
die Keimzelle, aus der heute eine Versuchsanstalt mit acht großen wissenschaft-
lichen Abteilungen geworden ist. Die Fülle der Probleme, an deren Untersuchung
die DVL beteiligt ist, kommt auch in dem raschen Anwachsen der Zahl ihrer Mit-
arbeiter zum Ausdruck. 1924 beschäftigte die DVL 22 Personen, heute sind bei der
DVL mehrere hundert Angestellte und Arbeiter tätig.
Während des Krieges ging der Anstaltsbetrieb größtenteils in der Flugzeug-
meisterei auf. In der ersten Zeit nach dem Kriege konnte die DVL ihre Arbeiten
nur in sehr beschränktem Umfange durchführen. Erst die Aufhebung der Deutsch-
land durch die Kriegsgegner auferlegten Luftfahrtbeschränkungen und die danach
cinsetzende technische Entwicklung der deutschen Luftfahrt stellte auch die DVL
vor größere und immer wieder neue Aufgaben und bedingte ihre weitere Aus-
gestaltung.

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