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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

DOI Artikel:
Eichholtz, Fritz: Medizinische Forschungsinstitute der I. G. Farbenindustrie
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0272

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MEDIZINISCHE FORSCHUNGSINSTITUTE DER
I. G. FARBENINDUSTRIE

Von
Professor Dr. FRITZ EICHHOLTZ, Königsberg
WEITBLICKENDE Männer, denen wir die Entwicklung der heutigen deutschen
Farbenindustrie verdanken, haben frühzeitig erkannt, daß es medizinische
Probleme gibt, die sich zu einer industriellen Bearbeitung eignen, und sogar solche,
die ohne Mithilfe der Wirtschaft als praktisch unlösbar bezeichnet werden müssen.
Die Synthese neuer Arzneistoffe, durch Liebreich u. a. in aussichtsreiche Bahnen
gelenkt, bedeutete daher für die Energie und das technische Können der hoch-
strebenden Teerfarbenindustrie ein neues aussichtsreiches Feld der Betätigung und
entwickelte sich immer mehr zu einem Privileg dieser Unternehmungen.
Seit Mitte der 80er Jahre liefen die therapeutischen Interessen in den Forschungs-
stätten in Elberfeld und Höchst zusammen. Damals suchten außenstehende
Forscher, die sich auf pharmazeutischem Gebiet betätigten, Anschluß an die auf-
blühende chemische Industrie, die sich rasch durch Lieferung von Rohprodukten
und schwer zugänglichen chemischen Verbindungen unentbehrlich gemacht hatte
und in der man gleichzeitig die natürliche Vermittlerin bei der wirtschaftlichen
Verwertung neuer chemischer Erfindungen sehen mußte. So traten Chemiker wie
Knorr, Emil Fischer, Einhorn u. a. in freundschaftliche Beziehungen zur chemi-
schen Industrie, indem sie ihrerseits Präparate wie Antipyrin, Sulfonal, Veronal,
Novocain den Fabriken zur technischen Ausarbeitung und geschäftlichen Ver-
wertung überließen. Ebenso wichtig wurde die Zusammenarbeit mit medizinischen
Forschern. 1892 übergab Robert Koch die Darstellung des Tuberkulins und
Behring die des Diphtherieserums der damaligen Firma Meister, Lucius & Brüning.
Es ist weiter bekannt, daß Ehrlich bei seinen Arbeiten auf dem Arsengebiete die
notwendige chemische Unterstützung bei der Firma Cassella/Mainkur und bei den
Höchster Farbwerken gefunden hat.
Durch diese Pionierarbeit mit den pharmazeutischen Interessen vertraut und
durch die wachsenden Erfahrungen emporgehoben, gingen die obengenannten,
heute zur I. G. Farbenindustrie gehörigen Firmen Bayer in Elberfeld-Leverkusen
und Meister, Lucius & Brüning in Höchst immer stärker zu selbständiger
Forschungsarbeit über. Aus kleinen Anfängen entstanden Forschungsinstitute, die
sich zunächst vorwiegend mit einfachen, praktischen Problemen zu beschäftigen
hatten, die indessen auch bald eine Reihe wichtiger theoretischer Arbeiten lieferten.
Daraus entwickelte sich dann die heutige umfangreiche Organisation, deren Auf-
gabe es ist, praktisch wichtige Eigenschaften an neuen Präparaten zu erkennen,
die von erfinderisch tätigen Ghemikern dargestellt werden. In Elberfeld wurde
diese Entwicklung eingeleitet durch Männer wie Professor Dreser und Dr. Impens,
in Höchst durch Professor Roser, die für ihre Zeit moderne Laboratorien einrich-
teten. Frühzeitig fanden ebenso die Bakteriologie, die Schädlingsbekämpfung und
der Pflanzenschutz ihre eigenen Forschungsstätten. In Elberfeld wurde die Chemo-
therapie, die zunächst im Rahmen des pharmakologischen Laboratoriums eine
Stätte gefunden hatte, durch Wilhelm Roehl abgetrennt, und es ist bekannt, daß

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