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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Pfeiffer, Ernst: Das Museum für Urgeschichte in Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0232

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DAS MUSEUM FÜR URGESCHICHTE IN WEIMAR
Von
Professor Dr. L. ERNST PFEIFFER
Präsident der Gesundheitsbehörde in Hamburg, Kurator des Museums für Urgeschichte
DER Name sagt, was das Museum sein will, eine Forschungsstätte über Ur-
geschichte. Ursprünglich war es eine Sammelstelle für zoologische und sonstige
Funde aus der näheren Umgebung Weimars, angeregt durch die Tierreste der Vor-
zeit aus Taubach bei Weimar. Nebenher hatte sich ein allgemeines städtisches
Museum entwickelt, in welchem ähnlich wie in den meisten Lokalmuseen alle mög-
lichen Gebrauchs- und Erinnerungsgegenstände aufbewahrt und ausgestellt waren.
Mit der zunehmenden Erkenntnis der Funde aus dem Tuffkalk von Taubach,
Ehringsdorf, Weimar, wurde das Museum für die Zwecke der Urgeschichte speziali-
siert entwickelt und aufgezogen, die Ausstellungsobjekte der geschichtlichen und
neueren Zeit wurden auf andere Museen verteilt, so daß Raum- und Entwicklungs-
möglichkeit für die Funde von hauptsächlich Taubach, Ehringsdorf und Süßenborn
geschaffen wurde. Das Museum beschränkte seine Aufgabe auf Urgeschichte, bis
zur Völkerwanderungszeit. Die große ethnographische Ausstellung dient nur mittel-
bar den Zwecken der Forschung, indem Vergleichsgegenstände von primitiven
Völkern als Hilfsmittel für Deutungen vorgeschichtlicher Ausgrabungsfunde dienen
sollen.
Die reichen Fundstellen, die riesigen Sande von Süßenborn, die Süßwasserkalke
von Ehringsdorf mit ihren Einschlüssen, zwangen notwendig zu dieser Speziali-
sierung, da hier einer der wenigen Plätze in Deutschland systematisch durch-
forscht werden kann bei dem regelmäßigen Abbau der Kalkbrüche in Ehringsdorf.
Von Taubach im Ihnetal entlang über Ehringsdorf, den Park und die Belvedere-
Allee bis mitten hinein in die Stadt ziehen sich in Ehringsdorf z. B. bis 20 Meter
hohe Tuftkalkbänke hin, über deren Entstehung die Diskussion noch nicht ge-
schlossen ist. In diesen Kalken eingeschlossen, in Taubach mehr im Tuftsand, in
Ehringsdorf in massiven Felsen eingebettet, befinden sich Knochen und Skelett-
reste von Tier und Mensch, die in der letzten Zwischeneiszeit nach unserer heutigen
Auffassung als Jäger und jagdbare Tiere am Rande der Vergletscherung sich auf-
gehalten haben. Sie haben das Feuer gekannt und ihre Beute gebraten, sie haben
Feuerstein und Porphyr zu bearbeiten verstanden für Lanzen und Pfeile, für
Pfriemen, Säge und Messer. Es werden gefunden Skelett- und Knochenteile von
Rhinozeros Merkii, Elephus antiquus, Bär, Schwein, Pferd, Rind, Wildesel, Hirsch
usw. Daneben primitive und besser bearbeitete Spitzen, Schaber und dgl. Die Be-
arbeiter sind im wesentlichen dem Acheuleen oder Cheuleen oder einer warmen
Zwischenstufe des Mousterien zuzurechnen.
Man wird als Entstehungszeit das mittlere Paläolithicum ansehen und die feine-
ren Unterschiede der späteren Forschung und Prüfung überlassen müssen. Ein
systematisches Graben wie in einem Gräberfeld ist nicht möglich bei dem bis zu
20 Meter hoch anstehenden Felsen. Man ist auf Zufallsfunde bei Sprengungen,
Sorgfalt der Arbeiter, wissenschaftliches Interesse der Steinbruchbesitzer angewiesen.

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