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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

DOI article:
Westermann, Diedrich Hermann: Das Internationale Institut für afrikanische Sprachen und Kulturen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0429

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DAS INTERNATIONALE INSTITUT
FÜR AFRIKANISCHE SPRACHEN UND KULTUREN
Von
Dr. DIEDRICH HERMANN WESTERMANN
o. ö. Professor an der Universität Berlin
DEUTSCHLAND ist durch den Verlust seiner Kolonien nicht aus der Mitarbeit
an afrikanischen Aufgaben ausgeschieden. Unsere Schiffahrt in afrikanischen
Gewässern wird bald ihren Vorkriegsstand wieder erreicht haben, deutscher Handel
sucht, wenn auch unter Mühen, neue Wege und hat wenigstens an manchen
Plätzen sich wieder eine Stellung erobert; in Süd- und Südwestafrika befinden sich
deutsche Siedlungen, im ehemaligen Deutschostafrika ist die Zahl der deutschen
Pflanzer heute wahrscheinlich größer als vor dem Kriege. Deutsche Missionen
bilden mit ihrer erzieherischen und ärztlichen Tätigkeit wieder einen Kulturfaktor
in Afrika. Die von Deutschen erfundenen neuen Heilmittel gegen Schlafkrankheit
und Malaria versprechen für die Wohlfahrt der Bevölkerung von großer Bedeu-
tung zu werden. Durch unseren Vertreter in der Mandatskommission des Völker-
bundes haben wir an der Verwaltung unserer früheren Schutzgebiete einen wenn
auch zunächst wohl nur platonischen Anteil.
Besonders groß war vor dem Kriege unsere Mitarbeit an der Völker- und
Sprachenforschung in Afrika. Barth und Nachtigall, Pechuel-Loesche und
Schweinfurth werden immer zu den klassischen Reisenden im Dienst der Wissen-
schaft in Afrika gehören. Ihnen sind nach dem Ende des heroischen Zeitalters der
Afrikaforschung andere gefolgt, denen die intensive Durcharbeitung kleinerer Ge-
biete zufiel und deren Namen in der weiteren Öffentlichkeit weniger bekannt ge-
worden sind. Einen mächtigen Aufschwung haben diese Arbeiten durch die deut-
schen Kolonialerwerbungen erfahren, wenige Teile Afrikas sind so gründlich durch-
forscht worden wie die deutschen Kolonien, wovon eine Reihe glänzender Ver-
öffentlichungen Zeugnis ablegt. Es ist verständlich, daß nach dem Kriege diese
Studien zunächst ins Stocken gerieten, es fehlten die Mittel, und meist waren uns
auch die Wege verschlossen. Langsam lockern sich die Beschränkungen; mehrere
Forschungsreisen sind wieder unternommen worden, andere befinden sich in Vor-
bereitung. An den deutschen Universitäten hat die afrikanische Wissenschaft nach
dem Kriege eher einen Aufschwung genommen. Beweis dafür ist die merkwürdige
Tatsache, daß es in keinem andern Lande der Welt, eingeschlossen die großen
Kolonialmächte England und Frankreich, so viele Hochschulen wie in Deutsch-
land gibt, an denen afrikanische Sprachen gelehrt werden. Hamburg und Berlin
besitzen dafür eigene Lehrstühle; aber auch in Leipzig, Kiel und Wien und auf
der Kolonialschule Witzenhausen sind sie vertreten. Die afrikanische Sprach-
wissenschaft hat auch heute in Deutschland ihren Mittelpunkt; sie verdankt ihre
Einreihung in den Kreis der anerkannten Wissenschaften in erster Linie den
epochemachenden Arbeiten Carl Meinhofs, der ihr in Hamburg in dem dank
seinen Anregungen gegründeten Seminar für afrikanische und Südseesprachen und
dem Phonetischen Laboratorium ein europäisches Zentrum geschaffen hat.

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