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Brauer, Ludolph [Editor]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Editor]; Meyer, Adolf [Editor]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

DOI article:
Kempf, Günther: Die Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0283

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DIE HAMBURGISCHE
SCH I FFBAU -VERSUCHSANSTALT
Von
Direktor Dr.-Ing. GÜNTHER KEMPF, Hamburg
DAS Aufblühen der Eisenindustrie, die Erfindung der Dampfmaschine und der
Schiffsschraube bewirkten um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, daß all-
mählich, aber sicher das hölzerne Segelschiff von dem eisernen Schraubendampfer
verdrängt wurde. Dadurch wurde es möglich, die Antriebsleistungen und die Ge-
schwindigkeiten der Schiffe mehr und mehr zu steigern. Für die Ausgestaltung des
Seeverkehrs und der Weltwirtschaft wurde diese Fortentwicklung ihres Instru-
mentes, des Schiffes, das jahrhundertelang in seiner Form erstarrt war, von ent-
scheidender Bedeutung; Schiffsform und Antrieb wurden Gegenstand empirischer
Versuche und mit fortschreitender Schärfung des mathematischen Rüstzeuges der
physikalischen Forschung. Die Entwicklung der Ähnlichkeitsmechanik durch Isaak
Newton, William Froude, Osborne Reynolds schuf die Grundlagen, die auf
dem Gebiet der Strömungsforschung den Modellversuch in die Reihe der wissen-
schaftlichen Forschungsmethoden einordneten und zugleich seine technische Ver-
wendung ermöglichten.
Der erste Schleppkanal zur Untersuchung von Schiffsmodellen wurde 1864 von
William Froude in England eingerichtet. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts
folgten diesem Beispiel alle größeren Staaten. In Deutschland entstand der erste
kleine Schleppkanal in Übigau bei Dresden, wo dann auch die Formen der ersten
Kriegsschiffe der jungen deutschen Marine entwickelt wurden. 1885 folgte der
Norddeutsche Lloyd, indem er für den Bau seiner Schnelldampfer eine Versuchs-
anstalt in Bremerhaven errichtete. Diese Anlagen förderten die Erforschung der
hydrodynamischen Probleme und trugen ihrerseits dazu bei, den deutschen Schiff-
bau unabhängig vom Auslande zu machen. Der Anforderung der Marine genügte
bald die kleine Übigauer Anlage nicht mehr, und so wurde 1891 in Charlottenburg
vom preußischen Staat die noch jetzt bestehende Versuchsanstalt für Wasserbau
und Schiffbau errichtet mit ihrem inzwischen auf 207 m Länge und 8 m Breite
vergrößerten Schleppkanal.
Als dann 1913 die Bremerhavener Versuchsanstalt den dringenden Hafen-
erweiterungen zum Opfer fiel, schuf sich die deutsche Schiffahrt und Schiffbau-
industrie mit Hilfe des hamburgischen Staates nach einer von Dr.-Ing. E. Foerster
1910 verfaßten Denkschrift ein großzügiges Forschungsinstitut in der Hamburgi-
schen Schiffbau-Versuchsanstalt, die mit ihrem Schleppkanal von 350 m Länge,
16 m größter Breite und 7 m größter Tiefe als weitaus größtes der 14 in der Welt
bestehenden ähnlichen Institute selbst den gesteigerten Anforderungen des auf
höchste Geschwindigkeiten hinzielenden Transozeanverkehrs gerecht wrird.
Das Institut wurde 1913 erbaut; es wird als G.m.b.H. von einem Direktor geleitet
und ist einem Aufsichtsrat unterstellt, dem neben zwölf Vertretern der Schiffahrt
und Schiffbauindustrie drei Vertreter des hamburgischen Staates angehören; diesen
wird alljährlich über die ausgeführten Arbeiten und die vorliegenden Aufgaben
berichtet. Als Organ für die Veröffentlichungen des Instituts dient die bei Julius

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