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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Pfeiffer, Ernst: Das Museum für Urgeschichte in Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0233

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Von menschlichen Skelettfunden sind gerettet ein Unterkiefer eines Erwach-
senen, ein Kinderskelett und das Schädeldach mit angrenzenden Oberkieferresten
eines Erwachsenen. Die früheren Funde hat Professor Hans Virchow, Berlin, die
letzten Funde Professor Weidenreich, Heidelberg, Frankfurt, bearbeitet, die jagd-
baren Tiere jener Zeiten fanden durch Professor Sörgel, Breslau, ihre Be-
arbeitung.
Man rechnet heute den Menschen, der in der Zwischeneiszeit mit den vor-
genannten Tieren dort gelebt, gewohnt und gejagt hat, dem Neandertaltypus zur
und der Homo Ehringsdorfiensis gehört heute zu den Beispielen und Forschungs-
objekten der Paläontologie.
Wiegers sagt in der Abhandlung von Weidenreich bei der Beschreibung der
Kalktufte von Weimar: „Heute ist der Kalktuft von Weimar, Ehringsdorf-Taubach
als eine der wichtigsten Siedlungsstätten des Neandertalers erkannt. Für Geologie,
Paläontologie, Kulturgeschichte und Anthropologie gleich bedeutungsvoll und in
gleichem Maße eine Fülle von ungelösten Fragen enthaltend, wird der Kalktuft
auch in der Folgezeit noch reichlichen Stoff für wissenschaftliche Untersuchung
geben.“
Neben den Fundstellen in Ehringsdorf und Taubach bieten die Eiszeitablagerun-
gen von Süßenborn eine unendliche Fundgrube aus noch früherer Zeit, der ersten
nordischen Eiszeit, die hier mit ihren Schottern und Gletschern haltmachte. Hier
sind bisher keine Feuersteine gefunden worden. Es fehlen die nordischen Geschiebe.
Es finden sich in den Kiesen das Mammut, das eiszeitliche Rhinozeros, der Vorfahr
des Riesenhirsches, Elch, Bär, Wildesel, Reh, Wildpferd, Siebenschläfer, Marder,
Bieber, Moschusochse, Fischotter und dgl. Von Mensch und Werkzeugen keine
Spur. Es ist natürlich nicht gesagt, daß Menschen damals überhaupt nicht da-
gewesen sind, aber bei der starken Abnutzung der Knochen der Tiere kann nur ein
besonderer Glücksumstand einmal die Möglichkeit eines Knochenrestes von
Menschen bringen, und dann können es nur Zähne sein, denn die anderen Knochen
werden voraussichtlich dem Mahlen der Wasserkräfte zum Opfer gefallen sein, so
daß nur die festesten Skeletteile, die Zähne, erhalten geblieben sein können.
Andere, noch günstigere Stellen, die der gleichen Zeit angehören, sind in dauern-
der Beaufsichtigung. Vielleicht haben sich dort noch bessere Reste erhalten.
Aber auch an neolithischen Funden ist die Umgebung von Weimar reich. Die
Übergänge vom Archaeolithicum über das Mesolithicum zum Neolithicum müssen
noch ausgiebig beforscht werden.
Die Kulturen sind vorhanden, sie sind in Einzelfunden festgelegt, die Arbeit ist
so unermeßlich groß und auch zum Teil wohl kostspielig, so daß man vorläufig
vom systematischen Forschen wegen Mangels an Mitteln abstehen muß.
Neolithische Funde sind leichter zu bergen; sie werden bei den Arbeiten von
Ziegeleien, Anlegung von Baugruben und dgl. nicht selten freigelegt.
Von liegenden Hockern, über üppige Bestattungen mit Steinbeil und getöteten
Rindern, damit der Tote nicht zu arm in Walhalla einzieht, bis zu dem Fürstinnen-
grab bei Haßleben mit reichen Gold- und Silber- und Hausratbeigaben und zuletzt
zu den ärmlichen Sklavengräbern sind alle Übergänge vorhanden. Vor allem seien
erwähnt die Merowinger Gräber aus Weimar, Oberweimar und Sulza, aus vorge-
schichtlicher Zeit, als sich Franken und Sachsen verbündeten, um die Thüringer zu

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